„Wer Klatsch für unseriös hält, ist selbst kein seriöser Journalist.“

Aneta Adamek, Radio Fritz Foto: rbb

24 Fragen an Aneta Adamek, Wortchefin von Radio Fritz/RBB und Talent-Scout: Der traditionelle Fragebogen von „medium magazin“ (s.a. Seite 82, mediummagazin 7-8/2010) :

1. Warum sind Sie Journalistin geworden?

Um Geschichten zu erzählen

2. Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag, und was war das Thema ?

Das war ein Zufall. Ein Freund der Familie hat den Auftrag gehabt über eine Sendung für Jugendliche zu schreiben und hat mich gefragt, ob ich es machen möchte. Ich muss damals 12 oder 13 gewesen sein. Leider kann ich mich nicht mehr an den Sendungsnamen erinnern. Ich weiß nur, dass in der Sendung Extrabreit und Joachim Witt aufgetreten sind. Mein Artikel erschien in der „Bild am Sonntag“.

3. Ihre Vorbilder im Journalismus ?

Ich habe keine speziellen Vorbilder. Aber ein paar Menschen (Chefs und Kollegen), denen ich auf meinen verschiedenen beruflichen Stationen begegnet bin, haben mich beeindruckt und geprägt und dadurch konnte ich von vielen viel lernen.

4. Wann ist ein Journalist ein guter Journalist ? Nennen Sie bitte drei Eigenschaften.

Für mich sind es vier Eigenschaften, die wichtig sind: Sorgfalt, Begeisterungsfähigkeit, Unabhängigkeit und Hartnäckigkeit.

5. Wie würden Sie in 140 Zeichen die Herausforderungen für den Journalismus charakterisieren?

Gerade in den elektronischen Medien wird die Trennung zwischen Fernsehen, Hörfunk und Multimedia immer fließender. Der klassische Ausspielweg reicht nicht mehr aus, um Zuschauer, Hörer und User bei der Stange zu halten. Das sind neue Herausforderungen für die Programm-Macher und wir stecken bereits mittendrin.

6. Wie wichtig ist Klatsch ?

Klatsch gehört wie Kaffee zum Leben. Und wer Klatsch für unseriös hält, ist selbst kein seriöser Journalist. Unzählige Geschichten würden nicht erzählt, wenn man der Frage nicht nachgegangen wäre: was ist an der Geschichte dran?

7. Mit welchem Ihrer Merkmale würde man Sie am treffendsten karikieren oder parodieren?

Sie brauchen nur Sprichwörter zu verdrehen und schon wissen alle, die mich kennen, wer damit gemeint ist… Vielleicht erkennt man daran, dass ich gebürtige Polin bin…

8. Wo haben es Frauen im Journalismus schwerer und was sollte man dagegen tun?

Anders gefragt: Warum haben es Männer leichter, bzw. haben es Männer wirklich leichter? Mein Eindruck ist, dass Frauen die gleichen Möglichkeiten haben, wie die männlichen Kollegen. Hier stellt sich die Frage nach der Bereitschaft zum Verzicht bzw. der Prioritätensetzung. Und damit es nicht so bleibt, ist ein stärkeres gesellschaftliches Umdenken nötig. Wir brauchen mehr Unternehmen, die mit einem positiven Beispiel vorangehen und zeigen, dass Frauen auf Karriere nicht verzichten müssen.

9. Was sind Ihre persönlichen (handwerklichen) Stärken und Schwächen ?

Stärken: siehe Frage 4 und außerdem noch Gewissenhaftigkeit
Schwächen: verdrehte Sprichwörter, mein unaufgeräumter Schreibtisch und eben Gewissenhaftigkeit

10. Was macht Sie wütend oder ungeduldig?

Intoleranz, Missmut

11. Welche sozialen Medien und/oder Netzwerke nutzen Sie und wofür, wo sind Sie selbst Mitglied?

Ich nutze mal mehr oder weniger die allgemein bekannten Netzwerke, um mich über andere und Neues zu informieren.

12. Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen, und wie würden Sie es titeln?

Ein Buch über die “Unbekannten Helden” der Solidarność-Bewegung. Dabei interessieren mich nicht die bekannten Menschen aus der ersten Reihe, sondern die Arbeiter, die viel riskiert haben, von der Martkwirtschaft nicht profitiert haben und trotzdem alles wieder riskieren würden, weil sie jetzt in einem freien Land leben. Ich bin einigen begegnet und es sind wirklich ganz bewegende und anrührende Geschichten…

13. Mit wem würden Sie gerne mal einen Tag die Rolle tauschen?

Mit einem Weinbauern aus Südfrankreich

14. Auf welchen Beitrag sind Sie besonders stolz?

Es gab ein paar Momente, die mein Journalistenherz höher schlagen ließen: Mein erster einseitiger Zeitungsartikel über den Demokratisierungsprozess in Polen, meine ersten Hörfunk-Kommentare und mein erster Einsatz für „Kontraste“ beim SFB und außerdem die Berichterstattung für die ARD anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz.

15. Ihr größter Flop ?

Zwei Hörfunkbeiträge vor der Sprecherziehung.

16. Welche Medieninnovation schätzen Sie besonders?

Das Internet

17. Was lesen/ hören/schauen Sie morgens als erstes?

Fritz, „Der Tagesspiegel“, „Welt Kompakt“. In der Redaktion klicke ich mich durch verschiedene weitere Seiten.

18. Generell: Ihre drei Lieblinge unter den Zeitungen, Sendungen und websites?

Fritz, Die Zeit, bin ein Fan von Dokumentationen und Reportagen und von lesmads.de. Grundsätzlich schaue, höre, lese ich gerne querbeet. Ich schätze die Abwechslung!

19. Ihr liebstes Hobby ?

Unbekanntes entdecken, Polen und Paris.

20. Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Keine. Ich schaue lieber nach vorne als zurück.

21. Sind Sie Mitglied einer Partei .- und wenn ja warum, bzw. wen nein, warum nicht?

Nein. Ein Journalist sollte unabhängig sein.

22. Im nächsten Leben werden Sie …?

Wenn keiner aufpasst und man mich lässt, fängt der Schlamassel wieder von vorne an und ich bleibe, was ich bin.

23. Welcher Rat (und von wem) hat Ihnen auf Ihrem beruflichem Weg besonders geholfen?

Es gibt keine Probleme – es gibt nur Lösungen. Dieser Rat funktioniert immer.

24. Was sollte Ihnen später einmal nachgesagt werden?

Nächste Frage.

ZUR PERSON:

Aneta Adamek wurde 1970 in Gdingnen/Polen geboren. Sie studierte französische Philologie in Frankreich und Politik- und Sozialwissenschaften in Deutschland und Polen. Während ihres Studiums evaluierte sie für die GTZ ein Projekt in Äthiopien. Von 1999 bis 2001 volontierte sie beim Sender Freies Berlin (SFB) und arbeitete danach als freie Journalistin vor allem für das SFB Fernsehen (Abendschau/Kontraste) sowie für den Hörfunk von SFB und ORB (INFOradio, radiomultikulti, Antenne Brandenburg). Ende 2001 ging sie als Fernsehredakteurin zum Norddeutschen Rundfunk (NDR) nach Hamburg. Seit 2004 arbeitet sie wieder beim Hörfunk, zunächst als Chefin vom Dienst und Reporterin im rbb-Landesstudio Frankfurt/Oder. Anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz berichtete sie im Januar 2005 für die ARD aus Polen. Seit August 2005 ist Aneta Adamek stellvertretende Chefredakteurin und Wortchefin bei Fritz, dem Jugendprogramm des RUNDFUNK BERLIN-BRANDENBURG (rbb).