Sind Spielernaturen die besseren Journalisten?

Tipp von mm-Autor Peter Münder: Der Journalisten-Film „Frost/ Nixon“.  Mit Service-Tipp für Original-DVD.

„MR. PRESIDENT, WARUM HABEN SIE DIE BÄNDER NICHT VERBRANNT?“

David Frost riskierte 1977 nicht nur seinen Ruf als brillanter Journalist und Talkmaster, er  investierte auch sein gesamtes eigenes Vermögen, um die Interview-Serie mit Richard Nixon zu realisieren. Es sollte der ultimative Scoop  werden und im Schuldeingeständnis des nach der  Watergate-Affäre drei Jahre zuvor  zurückgetretenen Präsidenten gipfeln. Doch „Tricky Dick“ hatte sich nach Watergate immer nur selbst bemitleidet, über die hehren Ziele seiner global ausgerichteten Friedenspolitik sowie über Mao und Vietnam schwadroniert. Kein Journalist hatte ihn bis dahin verunsichern oder festnageln können- Schuld am Watergate- Desaster, an all den Lügen und Vertuschungsmanövern waren laut Nixon immer allzu übereifrige Mitarbeiter gewesen. Daher war die Skepsis am anvisierten spektakulären „Mea Culpa“-Coup sogar im Frost-Lager unübersehbar.  Der von exorbitanten Prozeßkosten ausgeblutete  Nixon wollte einfach nur das üppige Honorar von 600 000 Dollar für die TV-Interviews  einstreichen und sich in den über zwanzig Stunden dauernden Gesprächen als friedensbewegter Weltpolitiker darstellen. Doch Frost gelang nach einer langen Frustphase doch noch der Scoop: Nixon gab seine Fehler zu und entschuldigte sich bei den US-Bürgern. Heimlich aufgezeichnete Gespräche,  Watergate-Klempner und illegal ausgeweitete Kampfzonen in Laos und Kambodscha- diese Aspekte der Nixon-Ära mögen heute fast prähistorisch anmuten, doch sie sind natürlich hochaktuell. Vor allem, wenn Nixon etwa behauptet: „Wenn ein Präsident das tut, dann ist es legal“- hören wir da nicht schon George W. Bush oder Dick Cheney, wie sie ihre Täuschungsmanöver für den Irak-Krieg rechtfertigen?
Regisseur Ron Howard hat aus dem Drehbuch von Peter Morgan einen mitreißenden Mix fabriziert, bei dem einfach alles stimmt:  Direkte Konfrontationen, die wie Western-Showdowns anmuten,  ein Präsident, der sich für die italienischen Schuhe seines Gesprächspartners interessiert, Recherchen, die nicht nur der Wahrheitsfindung dienen, sondern auch das Ego eines verlogenen Machtpolitikers brechen- selten erlebt man so brisante, befreiende und beflügelnde Momente wie in diesem Film. Und absolut spannende, journalistische Highlights. Auch Frost hatte ja damals schon an die Quote gedacht, als er gleich in seiner ersten Frage zur Sache kam und entgegen den Vereinbarungen die provozierende Frage stellte: „Mr. President, warum haben Sie die Bänder nicht verbrannt?“

TIPP: Der „Independent“ lieferte zum engl. Frost/Nixon- Kinostart eine DVD mit Original-Interview-Ausschnitten, Hintergrund-Infos und einem aktuellen Frost-Interview aus, die man sich direkt schicken lassen kann – gratis, auch für Nicht-Abonnenten! Man muß allerdings selbst anrufen und die Adresse angeben: Telefon 0044 207 005 2500 (Independent Customer Service)

Lesenswert die beiden Interviews mit David Frost
im „Independent“ http://arm.in/H5
in der „Times“ http://arm.in/H7

Peter Münder arbeitet  als freier Journalist in Hamburg