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Medium Magazin 06/2017

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Unsere Geschichten auf einen Blick
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EDITORIAL / Annette Milz, Chefredakteurin

Wer zuletzt lacht

Damit sich wirklich etwas ändert, braucht es mehr als einen Hashtag.

Wellen haben heute einen Hashtag – und das ist gut so: #Aufschrei war der Renner vor vier Jahren, heu­te ist es #MeToo.

In diesen vier Jahren sei „extrem viel passiert“, sagte Laura Himmelreich neulich bei „Anne Will“. Sie war damals noch „Stern“-Reporterin und löste mit ihrem Artikel „Der Herrenwitz“ den „Aufschrei“ gegen sexistische Übergriffe aus. Heute ist sie Chef­redakteurin der Onlineausgabe von „Vice“ und sagt: „Wir wissen jetzt, dass wir ein Problem haben“, und das Gute sei: Frauen, die sich dazu erklärten, begeg­ne die Gesellschaft mittlerweile sehr viel weniger aggressiv als eben noch vor vier Jahren.

Über „Herrenwitze“ in professionellem Umfeld lacht wohl tatsächlich heute niemand mehr so leichtfertig, wie es jahrzehntelang Usus war. Auch wir Frauen nicht, die wir – seien wir ehrlich – früher oft aus Ohnmacht mitgelacht haben: Wer wollte sich schon die Blöße geben, als etepetete und „überempfindlich“ dazustehen?

„Der Ton war und ist rau in Redaktionen“ heißt es in dem lesenswerten Beitrag von „Stern“-Autorin Ulrike Posche „Macht und Muffensausen“ über den jahrelangen alltäglichen Sexismus in Redaktionen, auch in der eigenen (http://tinyurl.com/Posche-Macht­undMuffensausen). Aber auch das: „Vieles an der ak­tuellen Debatte erscheint mir überzogen. Wir sind deshalb doch keine Opfer!“

Die Frage ist nur: Welchen Ton muss man auch heu­te aushalten können – und welchen nicht? Die Witze mögen eine andere Tonlage bekommen. Die mehr oder weniger subtilen „Übergriffe“ bleiben im Alltag.

In unserem Titelinterview der „Journalistin 2017“ berichtet Investigativreporterin Annelie Naumann, dass sie die Wortwahl „mein Kindchen“ eines älteren Kollegen als „übergriffig“ empfindet. „Wenn man bei Kolleginnen unter 30 rumfragt, hört man von solchen Erfahrungen häufiger.“

Tatsächlich tun sich gerade die jungen Kolleginnen und ja, auch Kollegen häufig schwer, sich gegen mehr oder weniger subtile Übergriffe zu wehren. Das zeigen auch die Beispiele, die meine Kollegin Anne Haeming zusammengetragen hat aus dem Kreis der drei jüngs­ten Jahrgänge unserer Top 30 bis 30 (Seite 7). Sie machen zugleich deutlich,wie schwer Sexismus im Alltag heute zu fassen ist.

Deshalb haben wir beschlossen, der Debatte um sexuelle Belästigung und Diskriminierung in Redak­tionen in „medium magazin“ einen regelmäßigen Platz zu geben – um sie zu verstetigen. Wir sind davon überzeugt, dass es alle angeht, Männer wie Frauen, damit sich das Klima ändert.

Daher laden wir Sie ein, uns von Momenten zu be­richten, in denen Grenzen überschritten wurden: Wie haben Sie reagiert oder hätten im Nachhinein gerne reagiert? Was wünschen Sie sich von Kollegen, Kolleginnen in einer solchen Situation?

Natürlich ist jede Situation anders und vor allem in der Regel so unerwartet, dass es dafür keine Vorlage an Reaktionen gibt. Aber wir möchten mit einer dau­erhaften Debatte fortan gerade jungen Kolleginnen und Kollegen eine Hilfestellung geben, wenn sie sich bedrängt fühlen und nicht wissen, wie sie reagieren sollen. Damit wir nicht mehr einfach nur mitlachen.

Einen echten Grund zum Lachen haben in diesen Ta­gen tatsächlich die Kollegen Jan-Eric Peters und Flori­an Harms. „Riesen unter dem Radar“ haben wir die Titelgeschichte für unseren diesjährigen Themenschwer­punkt „Zukunft“ genannt: Sie gehen neue journalisti­sche Wege, die bereits Millionen Nutzer erreichen. Viele in der Branche nehmen das bisher noch gar nicht richtig wahr, was sich da in rasanter Geschwindigkeit jenseits der etablierten Medienkanäle entwickelt. Jens Twiehaus hat sich das näher angesehen. (Seinen Bericht über die Redaktionen neuen Typs finden Sie auf Seite 16.)

 

Hier eine kostenlose Leseprobe: