EDITORIAL / Alexander Graf, Chefredakteur

 

 

Vom kleinen Glück des Blattmachers

Warum mir die Ergebnisse unserer Journalistinnen & Journalisten des Jahres“ erst Sorgen bereiteten. Und was uns beim Titelinterview überraschte.

Häufig ist in unserem Beruf ja vom sprichwörtlichen „Reporterglück“ die Rede. Es beschreibt diese faszinierenden Situationen, in denen uns gute Geschichten unerwartet vor die Füße fallen. Aber kennen Sie eigentlich auch das Blattmacherglück? Es mag vielleicht nicht so spektakulär daherkommen und auch nicht zu preisgekrönten Reportagen führen – das Gefühl dabei ist aber mindestens genauso wunderbar. Wie schön also, dass mich das Blattmacherglück bei der Produktion dieser Ausgabe unverhofft ereilte.  

Dabei sah es zu Beginn überhaupt nicht danach aus. Denn als ich im Dezember, nur etwas mehr als eine Woche vor Andruck, die Gewinner unserer „Journalistinnen & Journalisten des Jahres 2022“ vorliegen hatte, musste der Blattmacher in mir erst einmal schlucken. Eine Doppelnominierung hatte in der Top-Kategorie gewonnen. Und dann auch noch eine Kriegsreporterin und ein Kriegsreporter: also ständig unterwegs, immer im internationalen Einsatz, zudem von unterschiedlichen Medien. Niemals würden wir in dieser kurzen Zeit ein gemeinsames Vor-Ort-Interview inklusive Fotoshooting auf die Beine gestellt bekommen, so meine Befürchtung. In Gedanken sah ich mich schon belanglose Porträtfotos aus der Unternehmenskommunikation zu einer peinlichen Cover-Collage zusammenschubsen und ruckelige Video-Interviews führen.

Wenn Sie dieses Heft in der Hand halten, werden Sie schon beim Blick auf das Cover (Fotos: Miriam Stanke) merken, dass ich diesem Schicksal entkommen bin. Es war reines Blattmacherglück. Denn Paul Ronzheimer kam gerade aus dem Ausland zurück und landete am Flughafen in Frankfurt. Katrin Eigendorf hatte ihre Auslandseinsätze für dieses Jahr bereits abgeschlossen und ist passenderweise im Frankfurter Raum zu Hause. Letzteres gilt auch für Annette Milz und mich. Und dank der bekanntlich hervorragenden Kontakte unserer Herausgeberin hatten wir mit dem House of Logistics and Mobility auch schnell eine Location direkt am Flughafen gefunden. Mit Blick auf die Frankfurter Skyline wurde es ein intensives und spannendes Gespräch, das Sie ab Seite 68 in dieser Ausgabe lesen.

Denn natürlich sind Eigendorf und Ronzheimer auch inhaltlich ein absolutes Glück für dieses Heft. Zwei herausragende Journalisten, die 2022 mit ihrer beeindruckenden Bericht­erstattung aus der Ukraine unseren Blick auf diesen Krieg maßgeblich geprägt haben. Und zwei Medienpersönlichkeiten, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten – die aber, wie wir nicht ohne Überraschung festgestellt haben, sehr viel in ihrem journalistischen Selbstverständnis eint.

Gleichzeitig ist dieses Wahlergebnis ein Novum in der Geschichte unserer „Journalistinnen & Journalisten des Jahres“. Schließlich wird in der Top-Kategorie meist eine Person oder ein zusammenarbeitendes Team ausgezeichnet. Diesmal war unter den Hunderten Nominierungen aus der Community aber eben auch diese eine Doppelnominierung dabei. Und da nichts aus unserem Regularium dagegensprach, haben wir sie zur Wahl zugelassen. Und siehe da: Unsere Jury war ebenfalls von dieser Paarung überzeugt. Ihre Begründung lesen Sie auf Seite 71. Alle weiteren Preisträgerinnen und Preisträger in den unterschiedlichen Kategorien finden Sie dann ab Seite 78. Es ist wieder mal eine Liste voller brillanter und spannender Köpfe geworden. Viel Spaß beim Entdecken!

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