Test: WAZ

Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) erscheint in Essen. Es gibt seit einigen Jahren eine redaktionelle Kooperation der Ruhrgebiets-Zeitungen dieses Konzerns. Zu dem Verbund gehören die „Neue Rhein Zeitung“, die „Westfalenpost“, die „Westfälische Rundschau“ sowie der „Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung“. Zusammen haben sie eine verkaufte Auflage von 732.473 Exemplaren (IVW 2/12). Die Zeitungen wurden vor kurzem neu gestaltet. Für jede Zeitung wurde ein individuelles Layout entwickelt, das jeweils eine eigene Hausfarbe und Typographie beinhaltet. Stellvertretend wird hier die Neugestaltung der WAZ vorgestellt.

Titelseite

01 Schriftzug: Bereits vor einigen Jahren wurde der Schriftzug „Westdeutsche Allgemeine“ durch „WAZ“ ersetzt. Bei der aktuellen Neugestaltung wurde für die drei Buchstaben eine serifenbetonte Schrift eingesetzt. Dadurch wird der Ausdruck härter, industrieller, maskuliner. Zu viel Eleganz sollte offensichtlich vermieden werden.

02 Anrisse: Links und rechts vom Kopf ist viel Platz für plakative Anrisse. Eine sehr übersichtliche Lösung mit zwei Freistellern.

03 Bild-Aufmacher: Es wird eine Bild-Text-Kombination eingesetzt, wobei hier der Text neben dem Bild steht. Durch diese Gestaltung wird immer eine gute Lesbarkeit des Textes gewährleistet, weil er nie auf dem Bild steht.

04 Text-Aufmacher: Die zweizeilige Überschrift steht über dem Bruch. Insgesamt werden vier Themen auf der oberen Hälfte der Seite plakativ gezeigt.

05 Spaltenanzahl: Der redaktionelle Teil wurde von sieben auf sechs Spalten umgestaltet. Grund: Die größere Spaltenbreite ist etwas besser lesbar. Das Layout wird einfacher, klarer, weil weniger Fehler möglich sind.

06 Artikel-Trennlinien: Damit die Bilder und Texte immer klar zugeordnet oder voneinander abgegrenzt sind, wurden Trennlinien eingeführt, die waagrecht und senkrecht zwischen die Artikel gelegt werden. Sehr funktional.

07 Grundschrift: Sie wirkt insgesamt etwas zu klein. Außerdem fehlen im Aufmacher Auflockerungen wie Vorspann, Zwischenzeilen oder eine Ergänzungsbox.

Ressortstart

01 Seitentitel: Konsequent: Die Startseite des Lokalteils Essen hat den Schriftzug „Essen“ in der gleichen serifenbetonten Schrift wie auf der Titelseite.

02 Anrisse: Hier hat nur der rechte Anriss ein freigestelltes Bild. Es ist etwas zu groß im Verhältnis zur Gesamtseite.

03 Aufmacher-Bild: Überschrift: „Eltern klagen über desolate Zustände“ – hier hätte man sich einen Bildblock mit der Visualisierung der desolaten Zustände in der Schule gewünscht. Das wäre spannender gewesen als dieses Bild.

04 Auflockerung im Aufmacher: Hier wurde eine Zentrifuge angewandt: Der Text steht links und die auflockernden Elemente rechts und oben im Artikel – als wären sie an die Seite geschleudert worden. Richtig ist Folgendes: Bilder, Zwischenzeilen, Zitate und eine Ergänzungsbox sollte man so im Artikel verteilen, dass der Grundtext aufgelockert wird, ohne den Textverlauf stark zu unterbrechen.

05 Zitat: Die Schrift für Zitate ist sehr kräftig. Als Farbe wurde ein Sandton gewählt. Noch besser wäre es, ein Foto der Person zum Zitat zu stellen.

06 Überschriften: Traditionell waren die Überschriften der WAZ immer so schwarz wie Kohleflöze. Nachdem im Ruhrgebiet nahezu alle Zechen ihren Betrieb eingestellt hatten, wurden die Überschriften bei der WAZ sehr leicht. Jetzt sind sie wieder deutlich fetter und damit schwärzer geworden. Sie bringen so Kontrast auf die Seiten. Eine Wiederaufnahme des Bergbaus ist aber trotz dieser Rückkehr zu den Wurzeln unwahrscheinlich.

Norbert Küpper ist Zeitungsdesigner ( www.zeitungs-design.de) und Veranstalter des European Newspaper Award.

nkuepper@layouttipp.de

Erschienen in Ausgabe 10+11/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 51 bis 52. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.