Ulrich Brenner,
Deutsche Journalistenschule:
Ich empfehle Reportage-Sammlungen: die Henri Nannen Preis-Bände und die Hansel-Mieth-Preis-Bände der vergangenen Jahre, die Sammlung der �großen Reportagen eines legendären Journalisten�: �Hans Ulrich Kempski berichtet�(SZ-Edition). Oder P. J. O�Rourkes �Reisen in die Hölle� (Eichborn Verlag).
Es gibt kein allgemein gültiges Man-nehme-Rezept für eine gute Reportage. Jeder Autor (und jede Autorin) muss herausfinden, was für ihn persönlich die optimale Rezeptur ist. Das gelingt am besten, wenn man viele Reportagen liest, die Machart vergleicht und schließlich zu dem Schluss kommt: Das passt zu mir, so will ich das auch versuchen.
Annette Hillebrand,
Akademie für Publizistik:
Des Themas wegen: �Hoffmanns Blick auf die Welt� von Henning Sußebach. Er zeigt an einem ganz unspektakulären Thema viele Reportertugenden: genauer Blick, Sorgfalt, Hartnäckigkeit, Taktgefühl, Menschenkenntnis (�Zeit�, November 2006).
Zur Debatte um Porträt vs. Reportage: immer wieder Texte von Holger Gertz und Evelyn Roll. Weil beide so menschenkluge und meisterhaft komponierte Personenreportagen schreiben. Und weil beide beispielhaft Haltung und Rolle des Reporters in ihren Texten reflektieren.
Philipp Mausshardt,
Zeitenspiegel Reportageschule:
Holger Fröhlich: �Und hatten den Tod an Bord� (FAS, 10.4.2011). Er rekonstruiert die tragisch endende Schiffsreise einer Gruppe junger Idealisten. Spannend geschrieben, gut recherchiert. Der Autor gibt nicht zu erkennen, dass er kiloweise Akten der Ermittlungs- und Schifffahrtsbehörden studiert und die einzige Überlebende interviewt hat.
Marie-Luise Scherer: �Die Hundegrenze� (�Spiegel�, 6/1994). Scherer beschreibt die Beschaffung und Haltung von Wachhunden in der DDR für die innerdeutsche Grenze. Obwohl die Autorin nicht dabei war, schildert sie detailgenau die Situation in einem Bauernhaus. Die Glaubwürdigkeit der Autorin lässt keinen Zweifel zu, dass es genau so gerochen und ausgesehen hat.
Janet Cooke: �Jimmy�s World� in der �Washington Post� (29.9.1980). Die junge, ehrgeizige Reporterin hat darin eindrucksvoll szenisch rekonstruiert, wie der achtjährige Jimmy in einem verwahrlosten Vorort Washingtons aufwuchs und in jungen Jahren schon zum Heroin-Dealer wurde. Die Reportage war frei erfunden.
Klaus Methfessel,
Georg von Holtzbrinck-Schule:
Aus der eigenen Fabrik (zur Motivation, dass auch Wirtschaftsblättern Reportagen gut anstehen):
Andreas Große Halbuer: �Im grauen Meer� (�Wirtschaftswoche�, 17.11.2008): ein kenntnisreicher Blick auf einen indischen Slum aus einer besonderen Perspektive.
Sönke Iwersen: �Der Extremist� (�Handelsblatt�, 24.2.2010): das wohl intimste Bild des gefallenen Wunderkindes Lars Windhorst � Ergebnis hartnäckiger Recherche.
Marc Thomas Spahl,
Axel Springer Akademie:
Unser derzeitiger Reportage-Dozent Karsten Huhn empfiehlt Marcus Jauer, �Mitten in der Schlacht� (SZ, 24./25.3.2007). Eine klassische Sinneszeugenschaft: Jauer verwebt dabei mustergültig Szenen und Dialoge mit Reflexionen über das Leben auf dem Land.
Oscar Tiefenthal,
Evangelische Journalistenschule:
Susanne Leinemann: �Der Überfall� (�Zeit Magazin�, 49/2010), weil ihr die schwierige Gratwanderung zwischen persönlicher Betroffenheit als Opfer und journalistischer Distanz gelungen ist, ohne abzustürzen.
Matthias Geyer: �Müllers verdammtes Leben� (�Spiegel�, 49/2010), weil der Autor es schafft, in bewegender Weise das Schicksal seines Protagonisten zu schildern, ohne dessen Würde zu verletzen.
Andreas Wolfers,
Henri Nannen Schule:
Die Kolleginnen und Kollegen, die bei uns das Reportage-Schreiben lehren, empfehlen höchst unterschiedliche Texte. Ich selber nutze jedes Mal andere, aktuelle Reportagen und empfehle durchgängig nur einen Text: Das Essay über den Wandel der Reportage-Form von Hans Leyendecker anlässlich der Henri-Nannen-Preise 2010 (http://bit.ly/akK6jT).
Erschienen in Ausgabe 06/2011 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 50 bis 50 Autor/en: Umfrage: Annette Milz. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.