Dank der chinesischen Lebensmittelindustrie kennen wir heute alle Chemikalien wie Melamin, jenes industrielle Bindemittel, mit dem im vergangenen Jahr in der Volksrepublik Milchpulver gestreckt wurde. Oder Diethylen-Glycol, ein Lösungsmittel, das in Hustensaft gefunden wurde. Ach ja, und Pestizid-verseuchte Teigtaschen, bleihaltiges Kinderspielzeug, verseuchtes Hundefutter, Zahnpasta …
Um nicht als Reich der Gifte in aller Welt am Pranger zu stehen, versucht China nun erstmals, mit einer Werbekampagne sein Image aufzupolieren. Auftraggeber: das Pekinger Handelsministerium. Monatelang haben sich Strategen der PR-Agentur DDB Guoan Beijing die Köpfe zerbrochen. Herausgekommen sind 30-Sekunden-Spots, die derzeit bei CNN laufen: Ein junger Mann in Turnschuhen made in China; Frühstück aus einem Kühlschrank made in China; in China produzierte MP3-Spieler, Designerklamotten. Alles unterlegt mit einem rockigen Soundtrack. Am Schluss erklärt eine sonore Männerstimme : Wenn es heißt made in China, bedeutet das in Wirklichkeit made with the world.
Aber nicht einmal im eigenen Land kommt die Botschaft an. Das Bild eines Abendkleides mit dem Label made in China mit französischen Designern rief nur Spott hervor. Da haben sie aber lange gebraucht, um der Welt zu erzählen, dass es in China keine Designer, sondern nur Hilfsarbeiter gibt, höhnte ein Internetnutzer. Verschwendung von Steuergeldern, wetterte ein anderer. Sein vernichtendes Gesamturteil: Die Kampagne sei wie politische Propaganda. Das Image Chinas aufzupolieren bedarf offenbar subtilerer Mittel. Oder konkretes Handeln: Wie wärs, ätzte ein Kommentator, mit einem härteren Vorgehen gegen Produktpiraterie und Fälscherei?
www.youtube.com/watch?v=GtXGSlyWmbU
Erschienen in Ausgabe 01+02/2010 in der Rubrik „Rubriken & Kolumnen“ auf Seite 43 bis 43 Autor/en: Ruth Kirchner, Beijing. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.