?Was macht die Plattform altona.info anders als das „Hamburger Abendblatt“?
Christoph Zeuch: Wir haben mehr Ortsnähe. Wir reagieren auf Themen, die der Springer Verlag aufgrund seiner Organisationsstruktur gar nicht aufgreifen kann. Wir interagieren mit den Leuten in einem kleinen geografisch abgegrenzten Raum. Das ist unser marktschlagender Faktor gegen einen Verlag, der mit einer großen Vision an den gesamten Medienmarkt herangeht und eher national denkt als regional oder lokal. Ein Thema, das altona.info aufgreift und das „Abendblatt“ liegenlassen würde, ist zum Beispiel unsere Videokolumne „Aufreger der Woche“ vom Wochenmarkt in Hamburg-Ottensen. Dort fragen wir die Leute direkt, worüber sie sich echauffiert haben.
Wer produziert die Inhalte?
Redakteure und freie Autoren, teilweise professionelle Journalisten, teilweise auch Bürger, die sich einbringen möchten. Journalisten moderieren die Inhalte der freien Autoren und Bürger, die vor Ort auf ein Thema aufmerksam machen und Input liefern. Deren Beiträge müssen redaktionell in eine bestimmte Form gebracht und technisch begleitet werden. Der „Aufreger der Woche“ ist schönes Beispiel dafür, wie das gelingen kann. Das Format ist auf Anregung eines langjährigen Marktteilnehmers entstanden. Wir machen Werbung für seinen Stand und den Markt. Er stellt er uns dafür seine Fläche zur Verfügung und interviewt mit unserer Moderation die Leute vor Ort.
Gibt es altona.info auch gedruckt?
Ja, aber nur on demand. Wenn ein Kunde bereit ist, dafür zu bezahlen, bekommt er so viele Exemplare, wie er haben möchte. Derzeit testen wir Kooperationen mit Copyshops, Apotheken und Ärzten – Stichwort Lesezirkel. Sie sollen die Möglichkeit haben, die gedruckte Ausgabe ihrem Kundenkreis zur Verfügung zu stellen. Und unsere Sponsoren sollen auch das Recht erhalten, unsere Inhalte komplett in eigenen Mitgliederzeitschrifen zweitzuverwerten.
Wie soll sich die Plattform finanzieren?
Wir setzen im nächsten Jahr auf fünf Sponsoren, die das Modell über ein Jahr mit den gesamten Betriebskosten inklusive aller Gehälter und Honorare für freie Mitarbeiter refinanzieren sollen. Parallel dazu wollen wir bis Ende nächsten Jahres Werbeformate für Einzelhändler, Gastronomen und andere Kleingewerbetreibende entwickeln. Sie sollen komplett in die Zeitung integriert werden und mit einem kleinen Backend ihre Inhalte auch steuern können. Das heißt zum Beispiel, sie können täglich neue Videos in ihren Platz einstellen oder ihn mit Social Media Plattformen vernetzen. Der dritte Markt ist ein Kleinanzeigenmarkt der Leser. Da ist unser großes Vorbild das Adwords System von Google, was wir regional und lokal auf unserer Plattform abschotten wollen. Es soll keiner von außen reinkommen können. Wir wollen nicht zulassen, dass eine Firma wie Amazon beispielsweise einem lokalen Buchhändler in die Parade fahren kann. Für uns ist ganz klar: Der lokale Kunde hat das Vorrecht vor dem nationalen oder global tätigen Werbetreibenden.
Welches Urheberrechtsmodell steht dahinter?
Das, was die Autoren und Journalisten selbst festlegen. Wir haben kein Urheberrechts- oder Verwertungsmodell, das für das gesamte Projekt gilt, sondern größtenteils Beiträge, die unter einer Creative Commons Lizenz mit Verwertungsmöglichkeit für nicht-kommerzielle Zwecke zur freien Verfügung stehen. Wir haben aber auch gut geschützte Inhalte, die wir nicht auf einer anderen Seite kopiert wiederfinden wollen.
Wie können Journalisten von diesem Medienmodell profitieren?
Wir bauen nach „Spiegel“-Vorbild eine mitarbeitergeführte Betriebsgesellschaft auf, die Anfang 2010 startet und in die ausschließlich Journalisten mit Kapitalanteilen zu je 500 Euro eintreten sollen. Die unternehmerisch tätigen Journalisten erhalten Honorare, die in der Investitionsphase sicher geringer ausfallen, aber dafür profitieren sie auch von dem Wertzuwachs ihrer Gesellschafteranteile. Und es ist durchaus vorstellbar, dass diese KG um einen Standort und den nächsten und übernächsten wächst. Wir wollen unser Know-how exportieren. Wenn jemand in einer anderen deutschen Region ein vergleichbares Lokalmedium aufbauen möchte, gibt es den kompletten Support plus Anteile an der kompletten Betriebsgesellschaft. Die alten Gesellschafter können ihre Anteile gewinnbringend reduzieren, wenn es neue Investoren gibt. Damit hat man als Journalist die Chance, ein Vielfaches mehr zu verdienen als über einen Standard-Angestelltenvertrag oder über freie Honorare.
Wie weit sind die Pläne außerhalb von Hamburg-Altona gediehen?
Wir werden als nächstes Projekt in Kürze Eimsbüttel.net in einem weiteren Bezirk von Hamburg starten. Es gibt einen sehr aggressiven Plan der Ersten Presse KG, Lokaljournalisten zu identifizieren, die bereit sind, in dieses Modell mit einzutreten. Und dann brauchen wir circa drei Monate, um ein Projekt wie altona.info aus dem Boden zu stampfen. Dann gibt es eine Betaphase, die maximal sechs Monate dauert, und dann geht es in den lokalen Werbemarkt rein. Wir wollen einen kompletten Angriff auf die Zeitungslandschaft starten.
Interview: Ulrike Langer
Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Special“ auf Seite 29 bis 29. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.