Gut betreut

Sollen Roboterrobben in Zukunft eine Rolle in der Betreuung demenzkranker Menschen spielen? Die Vorstellung, seinen Lebensabend in geistiger Umnachtung mit Robotern zu verbringen, ist abstoßend. Deshalb sind „die Leute erleichtert, wenn sie verstanden haben, dass die Tiere persönliche Betreuung nicht ersetzen, sondern ergänzen“, erzählt Silke Wernet. Denn was im ersten Moment befremdlich klingt, ist tatsächlich Teil einer sinnvollen Therapie: Die elektrifizierten Kuscheltiere werden im Baden-Badener Christinenstift eingesetzt, um den Patienten Erinnerungen und Geschichten zu entlocken – und keineswegs, um Betreuungspersonal einzusparen.

Die freiberufliche Münchner Fotografin hatte erstmals 2008 für „Zeit Wissen“ eine Fotoserie über den Einsatz von Plüschtierrobotern in der Demenztherapie gemacht, an der auch andere europäische Magazine Interesse zeigten. Das Thema und die Patienten faszinierten Wernet so sehr, dass sie sich entschloss, die Roboterrobben-Therapie noch einmal in Eigenregie und für sich selbst zu fotografieren. Anstatt mit der Digitalkamera, nahm Silke Wernet die zweite Serie mit einer Hasselblad-Mittelformatkamera und in Schwarz-Weiß auf. In diesen neuen Aufnahmen nimmt die Gedanken-Verlorenheit der Demenz den Raum ein, den vorher die Farben besetzten.

Silke Wernets Serie „Die Begleiter“ beeindruckte auch die Jury des Fotografie-Wettbewerbs Bilder der Forschung, der jährlich vom Nachrichtenmagazin „Focus“ und dem Verband der forschenden Pharmaunternehmen (Vfa) verliehen wird. „Ich hatte mir angeschaut, was für Bilder in der Vergangenheit ausgezeichnet wurden und wusste nicht, ob ich sehr gute oder gar keine Chancen hatte zu gewinnen“, erinnert sich Wernet. Die Siegerfotos hatten bislang einen eher technisch-dokumentarischen Charakter. Anders jedoch 2009: „Auf einfühlsame Weise macht Silke Wernet mit ihrem Bild auf Demenzerkrankungen aufmerksam“, befand die Jury und zeichnete die 36-Jährige mit dem ersten Preis der Kategorie „Gesichter der Forschung“ aus.

Das Sujet wird ohne Erklärung leicht fehlinterpretiert. So ging es Wernet weniger um die Entwicklung der Roboter, als um die Erforschung der Demenz. Können sich Demenzkranke an etwas erinnern? Beim Streicheln der Tiere kommen den Menschen auf einmal Namen und Geschichten in den Sinn, die sie auf Nachfrage niemals erinnert hätten, sagt Wernet.

Der Wissenschaftsfotografie-Wettbewerb „Bilder der Forschung“ wird in zwei Kategorien für Einzelbilder verliehen, die insgesamt mit 10.000 Euro dotiert sind. In der Kategorie „Faszination Forschung“ gewannen Jürgen Berger und Mahendra Sonawane für ihre Aufnahmen von Zebrafischlarven. Den Publikumspreis erhielt Igor Siwanowicz für das Foto einer Gottesanbeterin.

Linktipps:

Alle nominierten und ausgezeichneten Fotos auf der Website des Wettbewerbs: www.bilder-der-forschung.de

Silke Wernets Website: www.silkewernet.de

Silke Wernets laif-Portfolio: www.laif.de/de/article/10693.html

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 6 bis 7 Autor/en: Thomas Strothjohann. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.