Sprechernotizen

Seitenwechsel bei der „FAZ"

Der Exodus geht weiter: Nicht zuletzt die Sorge um die Zukunft ihrer Arbeitgeber lässt zunehmend selbst profilierte Redakteure der Wirtschaftsmedien auf die andere Seite des Schreibtisches schielen. Und die Unternehmen und Institutionen holen sich nun gern und leicht die guten Leute in ihre Büros – Krise hin oder her. Es ist Wechselzeit, aber nicht von einem Medium zum anderen, sondern vom Journalisten auf die Unternehmensseite. Jüngste Beispiele: Hans Christoph Noack, der viele Jahre bei der „Frankfurter Allgemeinen" (FAZ) über Fluggesellschaften schrieb, ging mit 54 Jahren zu Air Berlin. Und nun tut es ihm einer nach, von dem man es noch weniger erwartet hätte: Benedikt Fehr, auch schon 56, weitgereister und hochanerkannter Bankenkorrespondent der guten alten Tante „FAZ" (ein Glück, dass es sie noch gibt, wenn man so den geballten Mix aus Unsinn, Erregung und Unkenntnis betrachtet, der tagtäglich andernorts produziert wird) wird Kommunikationschef der Bundesbank, spätestens zum 1. Oktober. Das ist eine honorige Aufgabe in einem spannenden Umfeld, gerade jetzt. Und aus dem Schreiber Fehr wird flugs der mit dem Titel „Bundesbankdirektor" geschmückte Sprecher. Herzlichen Glückwunsch, sagt Dr. Who. Und hofft, dass die „FAZ" die Lücke schnell schließt.

Der Schaeffler-Deal als PR-Desaster

Bereits vor einigen Monaten hatten wir an dieser Stelle darauf hingewiesen, wie schnell der Wind des PR-Glücks im Drama „Schaeffler schluckt Conti" dreht. Derzeit können wir es alle besichtigen: Die Schaeffler-Gruppe hat mit ihrem Versuch, Conti in Hannover zu übernehmen, sich selber so sehr ins Straucheln gebracht, dass nun wehleidige Rufe nach Berlin gehen, doch bitte Schaeffler mit Staatsgeld zu retten. Das Ganze ist auch ein grandioses PR-Desaster, das anfangs ganz anders auszugehen schien und mittlerweile für alle Beteiligten zum Fiasko geworden ist. Aber eins nach dem anderen: Klammheimlich hatte sich vor gut einem dreiviertel Jahr Schaeffler, kommunikativ beraten von der Frankfurter Agentur A&B one unter Federführung von Michael Reinert, sich Conti genähert und in einem Coup bei Nacht und Nebel zugeschlagen. Alle waren perplex. Die schiere Dimension des Deals, ein zweistelliger Milliardenbetrag, füllte Tag für Tag die Schlagzeilen. Maria Elisabeth Schaeffler, Witwe und mondäne Konzernherrin, gab ihre Zurückhaltung auf, ihr Geschäftsführer Jürgen "The knife" Geißinger sonnte sich mit ihr in der Aufmerksamkeit und der opportunistischen Zuneigung der Medien. Auf der anderen Seite, bei Conti, beriet Hering Schuppener, eine auf Financial Communications spezialisierte Agentur mit Standort in Düsseldorf und ebenfalls Frankfurt, die Verlierer und maulte lustlos bei den Medien über das angeblich unfaire Vorgehen von Schaefflers herum – allerdings mit wenig Erfolg. Währenddessen liefen A&B-Leute mit breiten Hosenträgern durch die Branche, strotzten vor Selbstbewusstsein und ließen jeden wissen, wer Schaeffler berät. Man wähnte sich ja bei den Siegern.

Aber die Verlierer wehrten sich noch. Es folgte ein langer schmutziger PR-Krieg, bei dem die Berater beider Seiten die Medien mit immer wieder neuen angeblichen Top-News, vor allem Schmähungen der jeweils anderen Seite, Angriffen und vermeintlich vertraulichen, oft ehrabschneidenden Papieren versorgten – und das, obwohl gerade A&B-Mann Reinert ansonsten bei jeder sich bietenden Gelegenheit seine Abscheu über derlei Methoden zum Besten gibt. Der Fall erinnerte nahezu eins zu eins an die schlimme PR-Schlacht um Siemens, an dessen Ende Berater wie Kommunikationschefs geschlagen und verlacht das Feld verließen.

Dann brach auch noch die Finanzkrise aus, und das Blatt drehte sich vollends. Schaeffler ging die Puste aus, die Banken machten auch nicht mehr recht mit und schließlich musste Frau Schaeffler kapitulieren: Am Sonntag, dem 8. Februar, gab sie bekannt, sie brauche nun dringend Staatshilfe und bot einen Teil ihres Konzerns zum Verkauf an. Keine zwei Wochen zuvor war ihr zu allem Unglück ein peinlicher PR-Unfall passiert: Als alle Welt diskutierte, ob die Regierung Schaefflers helfen könne und dürfe, liess sie sich im langen Abendkleid, mit blonder Löwenmähne, und in sichtlich teurem Pelzmantel provozierend gut gelaunt auf einem Glamour-Event in Kitzbühel ablichten. Ein gefundenes Fressen nicht nur für die „Bild"-Zeitung. Und die Berater von Schaeffler? Machen irgendwie weiter, füttern nach wie vor die Medien bevorzugt mit Schmähgeschichten über die andere Seite und sind ansonsten kleinlaut geworden. Nicht einmal die Schlacht gegen Conti trauen sie sich auf ihre ansonsten stolzgeschwellte Referenzliste zu nehmen.

PS: Und noch auch noch das: Neuerdings buhlt CNC, das PR-Unternehmen von Ex-Daimler-Kommunikator Christoph Walter, um Schaeffler und versucht A&B auszubooten.

… und raus bist du

Das war ein kurzes Gastspiel: Nach nur wenigen Monaten hat der mit großen Hoffnungen beim Handelskonzern Rewe angetretene neue Kommunikationschef Ulrich Lissek wieder die Segel gestrichen. Lissek war von der Telekom gekommen, wo er im Zuge des Sturzes seines Vorstandschefs Kai Uwe Ricke entmachtet worden war. Er wechselte von Bonn ein paar Kilometer den Rhein abwärts und verdingte sich nach einer Auszeit als neuer oberster Handelskommunikator der Kölner. Nun zog er die Reißleine. Die Gründe: Nach allem, was zu hören ist, liegt es am CEO von Rewe, Alain Caparros. Der impulsive Südfranzose gilt als überaus ehrgeizig, aufbrausend und selbstherrlich. „Le petit Napoleon" nennt man ihn herzlich links-rheinisch. Nun muss Martin Brüning als Lisseks Nachfolger ran, aber nicht so richtig. Die externe Kommunikation machen zukünftig die Vorsandsressorts selber – Brüning darf nur koordinieren. Das Chaos ist somit vorgezeichnet.

„Image wie Zahnpasta"

Das PR-Zitat des Monats kommt vom FDP-Chef im Landtag und zukünftigen Wirtschafts-Minister in Niedersachsen, Philipp Rösler. Im lesenswerten „Stern"-Interview (Nr.7/2009) fabulierte Rösler: „Image ist wie Zahnpasta: Einmal aus der Tube gedrückt, kriegt man die nicht mehr zurück." Gab es zwar schon mal in anderem Zusammenhang, aber stimmt, und wie!

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. E-Mail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 03/2009 in der Rubrik „PR“ auf Seite 62 bis 63. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.