„Wir bewegen uns in einem Zielkorridor."
Gute Rhetorik versteht es, eine höchst ungenaue Sprache möglichst präzise erscheinen zu lassen. So, dass der Zuhörer erst gar nicht merkt, was für einen windelweichen Kram er da gerade vorgesetzt bekommen hat. Eine Phrase, mit der man auf diesem Weg schon mal ein gutes Stück weit kommt, ist die Aussage, man bewege sich in einem „Zielkorridor". Ah ja, sagt man sich da, dann ist ja alles in Ordnung, Ziele werden erreicht, Korridore sind zum Durchlaufen gedacht, am Ende kommt eine Tür, vielleicht gibt´s dahinter was Nettes zu essen oder trinken, Gläschen Schampus oder so was in der Richtung, la-di-da. In Wahrheit ist das Gerede von irgendwelchen Zielkorridoren natürlich ganz große Technokratenhuberei. Die übersetzt in etwa lautet: Unsere Ziele gehen niemanden etwas an, wo wir auf dem Weg dorthin stehen, erst recht nicht. Und hinter der ominösen Tür am Ende des Gangs gibt´s auch bestimmt keinen Schampus. Denn in der Regel stehen hinter Zielkorridoren handfeste Spar- oder Renditevorgaben und nichts anderes. Je breiter der Korridor „definiert" ist, desto wertloser wird die ohnehin schon nicht sehr gehaltvolle Aussage zudem. Insofern darf man als gewiefter Manager ruhig mal ein paar Zahlen, so zwischen 10 und 20 Prozent beispielsweise, in den Raum werfen. Der Fragesteller ist zufrieden (Zahlen! Fakten!), man selbst kann weiter in Ruhe durch die Korridore spazieren.
„Die Mitarbeiter bekommen die Gelegenheit, eigene Konzepte einzubringen."
Ganz klar ein alter Taschenspielertrick nach dem Motto „Man kann es ja mal versuchen". Die offizielle Version lautet: „Liebe Mitarbeiter, unser Unternehmen steht vor großen Herausforderungen. Die Meinung unserer Angestellten ist uns natürlich wichtig, denn wer würde die Firma besser kennen als sie? Darum bringen Sie sich bitte ein, wir zählen auf Sie, nur gemeinsam können wir es schaffen." Die inoffizielle Version lautet: „Wir sind leider ein wenig aus unserem Zielkorridor rausgerutscht dieses Jahr und müssen kräftig um- beziehungsweise abbauen. Vor allem Personal. Den Umstrukturierungsplan haben wir schon im Kasten, aber wir tun mal so, als ob uns Ihre Meinung wichtig sei. Nichts für ungut und tschüss." Erfahrene Manager in leitenden Funktionen werden jetzt vielleicht einwerfen, dass das ja alles Quatsch sei, Mitbestimmung sehr wichtig und ernst genommen, alles Vorurteile, üble Nachrede. Wir glauben´s trotzdem nicht, und dafür muss man kein Gewerkschaftsmitglied sein. Und wenn Sie jetzt denken, so einen Schmarrn versucht doch eh keiner mehr seinen Mitarbeitern auf den Bauch zu binden – die WAZ-Gruppe hat´s gerade getan.
„Wir wollen noch bessere Qualität zu geringeren Kosten."
Donnerwetter, hier spricht jemand von der Quadratur des Kreises! Keine Frage, die meisten Unternehmen können effizienter sein. Qualität hängt nicht zwingend mit üppiger Bezahlung und dicken Budgets zusammen. Und Motivation nicht unbedingt mit einem schön gepolsterten Sessel. Dennoch verlangt es schon eine Menge Chuzpe, noch (!) bessere Qualität für weniger Geld zu fordern. Hinter solch offen ausgesprochenen Ansinnen steht selbstverständlich auch eine Agenda, und die lautet: Druck. Wenn man sich in einer Position befindet, diesen Druck auch ausüben zu können – o. k. Dass man sich damit allerdings auf einem schmalen Grat bewegt, muss klar sein. Auch dieser Satz stammt übrigens aus dem Management der WAZ-Gruppe, die es angesichts defizitärer Zeitungen offenbar für angebracht hält, das alte Image von den knallharten Sparfüchsen wieder aufleben zu lassen. Das Klima ist dafür jedenfalls günstig.
Erschienen in Ausgabe 12/2008 in der Rubrik „Service“ auf Seite 71 bis 71. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.