Kleinvieh macht auch Mist“, sagt eine Volksweisheit. Gute Zeitungen bestehen nicht nur aus brillanten Reportagen, langen Interviews und ausführlichen Analysen. Gerade bei den kleinen journalistischen Spielarten haben Redakteure große Freiheit. Mit pfiffigen und schrägen Rubriken können sie sich regelrecht eine Fangemeinde unter den Lesern erschreiben – und der Aufwand hält sich zumeist in Grenzen. Eine Möglichkeit ist die regelmäßige, personifizierte Glosse. Gelegentlich fallen Rubriken bei Terminen einfach so ab. Wie Lokal- und Regionalzeitungen mit kleinen Formaten große Wirkungen erzielen, zeigen Beispiele aus der „Allgemeinen Zeitung“ (Uelzen), der „Lüneburger Landeszeitung“, dem „Tagesspiegel“ (Berlin) und der „Hannoverschen Allgemeinen“.
Lokaltipp des Monats:
Täglicher Wettermann: Seit einem Jahr hat die lokale Wetterprognose bei der „Allgemeinen Zeitung“ in Uelzen ein Gesicht – und zwar immer passend zum Wetter. In mehreren Fotoshootings hat die Zeitung ihren 56-jährigen Hausmeterologen Reinhard Zakrzewski in Regenklamotten, in Gummistiefeln, Cocktail schlürfend im Hawaihemd und in anderen Outfits abgelichtet. Mehrere Dutzend Fotos stehen der Redaktion so zur Verfügung, um die täglich 20 Zeilen Wetterprognose im Blatt zu illustrieren. Das Fotoshooting können sich die Leser auf der Website der Zeitung als Videostream ansehen. „Die Prognose unseres Fachmannes wird crossmedial verwertet“, sagt Chefredakteur Marc Rath. Schon vor der Printausgabe läuft die Prognose von „Zaki“ in der täglichen AZ-TV-Sendung.
Kontakt: Marc Rath,
Tel. (0581) 80 89 12 01,
eMail: Marc.Rath@cbeckers.de.de,
Internet: www.az-online.de
Ideenbörse:
Lappen raus: Immer, wenn Prominente nach Lüneburg kommen, dann müssen sie seit acht Jahren zunächst ihren Führerschein bei Thorsten Lustmann von der „Lüneburger Landeszeitung“ vorzeigen und ein paar Fragen zu privaten Vorlieben beantworten. Abgedruckt wird die Rubrik „Führerschein, bitte!“ samt aktuellem Foto des Protagonisten wöchentlich im Magazin der Zeitung. Lediglich Ex-US-Präsident Jimmy Carter und eine Äbtissin gingen dem Redakteur bisher durch die Lappen.
Kontakt: Thorsten Lustmann,
Tel. (04131) 74 02 79,
eMail: Thorsten.Lustmann@
Landeszeitung.de,
Internet: www.landeszeitung.de
Noch brauchbar: Mit einem satirischen Unterton greift Politikredakteur Michael B. Berger von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ unter der Rubrik „Aus meinem Papierkorb“ Ulkiges aus der vergangenen Woche auf. Verhunzte Pressemitteilungen, schräge dpa-Meldungen oder sinnfreie Aussagen von Politikern sind nach Angaben des Autors geeignetes Material für die 65 bis 70 Zeilen umfassende Glosse.
Kontakt: Michael B. Berger,
HAZ-Ressortleiter Niedersachsen,
Tel. (0511) 518 2814,
eMail: mbb@haz.de,
Internet: www.haz.de
Anfang ohne Ende: Unter der Rubrik „Mein erstes Geld“ stellt der „Tagesspiegel“ (Berlin) jeweils montags vor, wie Menschen ihr erstes Geld verdient und was sie sich davon gegönnt haben. „Häufig fällt die Rubrik bei Terminen und Interviews einfach so ab“, sagt Moritz Döbler, Ressortleiter Wirtschaft. „Wir brauchen dann nur eine zusätzliche Frage zu stellen.“ Nach dem gleichen Prinzip brachte die Zeitung über hundert Folgen der Serie „Meine Hausschuhe“. Unter dem Foto der Treter stand dann schlicht nur der Name des Besitzers.
Kontakt: Moritz Döbler,
Tel. (030) 5 57 45,
eMail: moritz.doebler@tagesspiegel.de, Internet: www.tagesspiegel.de
Tipp
Weitere interessante Beispiele aus der lokaljournalistischen Praxis finden Sie in der aktuellen „drehscheibe“.
Kontakt: Redaktion „drehscheibe“,
Raufeld-Medien, Mehringdamm 57, 10961 Berlin, Tel. 030 / 695 665 22, eMail: info@drehscheibe.org,
Homepage: www.drehscheibe.org
Erschienen in Ausgabe 9/2008 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 85 bis 85 Autor/en: Bernd-Volker Brahms. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.