Ganz Belgrad rüstet auf: Donaubrücken und Fassaden der Gründerzeithäuser werden angestrichen, Straßen verschönert, Bäume gestützt. Der diesjährige „Eurovision Song Contest“ steht an, Ende Mai ist es so weit. Alle 11.000 Hotelbetten sind ausgebucht, Privatwohnungen und Häuser werden zu horrenden Preisen vermietet, der Event ist restlos ausverkauft. „Belgrad freut sich auf die Gäste“ – titeln die Boulevardzeitungen und verschweigen, dass die meisten Gäste – schwul sind. Schwule aber sind in Belgrad nicht wirklich gerne gesehen. Die Liberalität westeuropäischer Staaten ist hier unbekannt. Die ganze Medienlandschaft hält sich bedeckt. Zwar hat sich der Staatspräsident zu Wort gemeldet und verlauten lassen, dass „für Sicherheit der Gäste gesorgt“ sei, jedoch verharmlost die Meldung die Realität. Die Tatsache, dass die Polizei in höchster Alarmbereitschaft sei, wird nicht erwähnt. Die Verlautbarung der rabiaten Fußballfans und nationalistischen Gruppen „Belgrads Straßen werden keine Schwulen dulden“, findet man vereinzelt, ganz klein gedruckt in der Presse. Als 2001 die erste „Pride Parade“ in Belgrad stattfand, landeten die wenigen Teilnehmer blut- überströmt in den Krankenhäusern der Stadt. Die Polizei, die das Geschehen beobachtet hat, ist nicht eingeschritten. Die diesjährige „Pride“ ist abgesagt worden, die Gründe liegen auf der Hand. Den „Eurosong“ kann man nicht absagen und wie Belgrad die bunte Schwulentruppe empfangen hat, werden wir nach dem 24. Mai wissen.
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Erschienen in Ausgabe 6/2008 in der Rubrik „Weltreport“ auf Seite 76 bis 77 Autor/en: Danja Antonovic, Belgrad. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.