Mundtot

Man stelle sich vor, RTL und SAT.1 dominierten 90 Prozent der elektronischen Medien in Deutschland und pflegten ein enges Verhältnis zum Kanzleramt. So ungefähr sieht das in Mexiko aus. Televisa und die Konkurrenz von TV Azteca, die größten Medienkonzerne Mexikos und Lateinamerikas, berichten immer hart im Windschatten der konservativen Regierung, der Kirche und des Militärs. Wie dieses Medien-Duopol und seine enge Verquickung mit den Mächtigen der Pressefreiheit schadet, zeigt der Fall von Carmen Aristegui (44). Die bekannteste und vielleicht kritischs- te Journalistin Mexikos hat ihren Job bei einem Radiosender verloren, weil sie unliebsam berichtet hat und dabei ihrem Arbeitgeber und auch den Mächtigen aus Politik und Kirche auf die Füße trat. Aristegui bot fünf Jahre lange auf dem Sender W-Radio, der zu gleichen Teilen Televisa und der spanischen Mediengruppe PRISA gehört, kritischen und frischen Journalismus. Aber seit dem 4. Januar ist ihre Stimme verstummt. Ihr Vertrag wurde nicht verlängert. Aristegui hatte mit ihrer deutlichen Kritik an einem Telekommunikationsgesetz, von dem Televisa profitiert hätte, die Wut ihrer Bosse auf sich gezogen. Außerdem prangerte sie immer öfter Menschenrechtsverbrechen der Sicherheitskräfte und Taten pädophiler Kirchenvertreter an. „Man hat mir solange nachgesagt, ich sei links, dass ich es inzwischen fast selbst glaube“, sagt sie. „Wenn das bedeutet, dass ich auf soziale Aspekte Wert lege, Entscheidungen hinterfrage und die Mächtigen kritisiere, dann bekenne ich mich gerne dazu.“

Internet: www.televisa.com.mx

Erschienen in Ausgabe 3/2008 in der Rubrik „Weltreport“ auf Seite 54 bis 54 Autor/en: Klaus Ehringfeld, Mexiko-Stadt. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.