„Challenge, Essentials, Basics, Insights“
Über Anglizismen herziehen ist keine Kunst, das ist in etwa so einfach, wie eine Glosse über die mannigfaltigen Verfehlungen der Deutschen Bahn zu verfassen. Trotz allem ist es immer wieder putzig, welche Wörter aus dem Englischen im deutschen Management-Sprech Einzug halten. So hat die challenge in vielen Lebenslagen die gute alte Herausforderung (die in dieser Kolumne auch schon an der Reihe war) abgelöst. Vor allem im Sport und im Showgeschäft wimmelt es von challenges. Vermutlich ist daran die TV-Sendung „Germany´s Next Topmodel“ schuld, denn da klingelte einem das Ohr von challenge hier und challenge da. Es bleibt abzuwarten, ob sich deutsche Top-Manager den Erfolg von Heidi Klum zum Vorbild nehmen und demnächst die Renditesteigerung ihrer Unternehmen zur challenge erklären. Ebenso unverzichtbar geworden sind essentials und basics: Das fängt bei dem Dämlack-Satz „Back to basics“ an und hört bei „Wir klären mit unseren Kunden die essentials“ noch lange nicht auf. Bleibt noch der Lieblingstitel aller Kunden- und Mitarbeiterzeitschriften: Insights. Wer nämlich insights absondert, macht sich total transparent, nach innen und außen. Insights sind eye-openers und machen ein Unternehmen entsprechend trustworthy. Und trust ist ja letztlich das wichtigste asset, das wir haben. Wer sich als Manager seine credibility nicht versauen will, verzichtet besser trotzdem auf solchen Quatsch.
„Wir müssen uns der Globalisierung stellen“
Die ultimative challenge ist die Globalisierung. Wer sich als Manager der Globalisierung verweigert, ist per se eine Flasche, die unweigerlich auf dem Müllhaufen gescheiterter Existenzen landet. Zu verhindern ist es ja doch nicht, darum muss man das Phänomen, das hierzulande eher als Schreckgespenst denn als Chance gilt, annehmen, sich quasi mit der Globalisierung verbünden. Wer in einem Interview zur Globalisierung also nicht als Weichei dastehen will, der faselt nicht weinerlich von der Bedrohung durch Niedriglohnländer, die unseren Arbeitsmarkt kaputtmachen, sondern gibt sich kämpferisch und spricht vom „Hightech-Standort Deutschland“, „richtiger Ressourcenallokation“ und „dynamischen Marktumfeldern“. Vorsicht ist allerdings geboten: Ein unkritisches Bejubeln der Globalisierungs-Konsequenzen ist auch nicht gefragt. Lieber streut man ein paar Sätze ein, die westeuropäische Werte, Traditionen und Qualitätsstandards hervorheben.
„Wir müssen uns vernetzen“
Vernetzung ist ja das A und O auf dem Weg nach oben. In der Web 2.0-Welt sammelt man bei „Xing“ und „Facebook“ „Freunde“ wie früher Panini-Sammelbildchen in der Annahme, dass viel auch viel bringt. Unter diesen Voraussetzungen macht es immer einen guten Eindruck, möglichst viel von „Vernetzung“ zu sprechen. Vernetzungs-Befürworter, dass sie auf der Höhe der Zeit sind, die Globalisierung verinnerlicht haben und eigentlich immer auf dem Sprung sind, immer offen für „spannende“ Begegnungen und „anregenden“ Austausch. Mit der Vernetzungs-Rhetorik erreicht man Graswurzel-Gefolgschaft wie digitale Bohème gleichermaßen. Einziges Problem: Von Vernetzung faseln ist leicht und dementsprechend auch leicht durchschaubar, falls nur üble Plattitüden dahinter stehen. Aber das haben Phrasen eben so an sich.
„Wir müssen Optionen entwickeln“
Wie schrieb Verteidigungsminister Franz Josef Jung unlängst in einem Artikel für die „Süddeutsche“: „Vorausschauende Sicherheitspolitik verlangt danach, Optionen zu entwickeln und zu erörtern, wie Krisen bereits im Vorfeld erkannt und bestehende Konflikte bewältigt werden können.“ Fragen? Hallo? Hallooo? Noch wach? Tja, ebenso gut könnte man sagen: Vorausschauendes Haushaltsmanagement verlangt danach, die Termine der Müllabfuhr im Auge zu behalten und die gelbe Tonne rechtzeitig auf die Straße zu stellen. Denn auch hier gilt es, Optionen zu entwickeln. Braucht der Haushalt eine kleine oder eine große Tonne? Stellt man das Ding am Vorabend oder in der Frühe auf den Gehweg? Und so weiter. Optionen sind immens wichtig, ganz klar. Jeder Mensch bastelt sich andauernd alle möglichen Optionen. Und darum ist dieser Satz so banal wie überflüssig. Der Redenschreiber von Herrn Jung sollte also beim nächsten Mal ein paar bessere Optionen entwickeln, wenn er einen Text für seinen Chef schreibt.
Erschienen in Ausgabe 3/2008 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 73 bis 86. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.