Luxus, Alltag & Tod

Zum wahren Luxus gehören Bedenkenlosigkeit und Leichtfertigkeit. Aber müssen Magazine, die sich dem luxuriösen Lifestyle widmen, auch langweilig sein? Aktueller Beweis: „1st First“;, ein neues Society-Magazin aus Österreich. Es kommt daher wie eine wohlduftende Wiener Melange, entpuppt sich aber rasch als gewohnter anzeigenfreundlicher Mix aus Lifestyle-Themen, Promi-Storys und penetranter Fashion-PR. Alles erinnert an „Park Avenue“;, „Gala“;, „Inside“;, „Vanity Fair“; – „Made in Austria“;. Die Heftsegmente heißen denn auch ganz heimat-kompatibel „Flash“;, „Fancy“;, „Fame“;, „Fabulous“; und so weiter. Herausgeber Oliver Voigt und Chefredakteurin Euke Frank, so viel ist erkennbar, haben sich den schönen Dingen des Lebens verschrieben und garnieren ihr Hochglanz-Produkt zielgruppennah mit den üblichen VIP-Verdächtigen und „Adabeis“; der Alpenrepublik. Das allein ist noch kein Verstoß gegen die Menschenrechte. Besonders originär aber ist es nicht.

Das redaktionelle Konzept: Verlässliche Langeweile. Nichts Überraschendes, nichts Glaubwürdiges. Diesen Eindruck können auch die journalistisch spannenden Interviews mit Siemens-Chefin Brigitte Ederer und Star-Pianist Lang Lang nicht mildern. Die Optik von Creative Director Markus Rindermann ist professionell, aber nicht wirklich innovativ. Zu viel bunte Imitation und Simulation, zu wenig Wirklichkeit, zu wenig Authentisches. Ein offensichtliches Dilemma, mit dem auch die anderen Luxus-Magazine ihre liebe Not haben. Alles ist austauschbar, beliebig, belanglos. www.1st.at

„Nichts ist so spannend wie die Wirklichkeit“;, hat Egon-Erwin Kisch einmal gesagt, und wer darüber heute etwas erfahren möchte, dem empfehle ich die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift „Menschen“; – auch wenn es diesmal vor allem um Utopien geht. Doch keine Bange: Die ebenso informativen wie hintergründigen und im besten Sinne anrührenden Beiträge, bleiben immer alltagsnah. Es geht um Migration, um die Verödung der Städte und darum, ob soziale Utopien heute noch eine Chance haben. Das klingt nach nöliger political correctness, und ein Magazin ist nicht alleine schon deshalb gut, weil es für eine gute Sache steht. Doch die Redaktion muss man wirklich loben. Chefredakteurin Heike Zirden und ihr Team machen mit bescheidenen Mittel ein Heft, das journalistisch auf der Höhe der Zeit ist und das sich ganz und gar dem Leser verpflichtet fühlt. Einziges Manko: das Layout. Zu viel Text, zu wenig Leserführung, schlichte Typo. Hier wird unaufgeregte Schlichtheit mit uninspirierter Langeweile verwechselt. Die mitunter schlechte Fotoqualität ist sicher dem schmalen Etat geschuldet. Unentschuldbar ist, dass der Verlag das Heft am Rücken klammert. Das Magazin „Menschen“; braucht eine Klebebindung – sofort, Herr Verleger!

www.menschen-das-magazin.de

Kennen Sie Thilo Knott? Der Mann ist Redakteur für besondere Aufgaben und verantwortlich für das neue „taz journal“;. Und er ist ein Tabubrecher. Sein neuester journalistischer Coup: ein Heft über den Tod. Es geht um Mord und Totschlag, um letzte Worte und letzte Stunden, um Leichenschmaus und Bestattungs-Discounter. Kurz: ein Heft für alle Fälle. Klar, eindringlich, erhellend – und unterhaltend wie beim Leichenschmaus. Originelle Reportagen, kluge Essays, streitbare Standpunkte, Fotos von Offenheit und Wahrheit. Dazu ein gekonntes Layout ohne Firlefanz, das still, aber eindringlich die Texte optimal präsentiert. „Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich will nur nicht dabei sein, wenn es passiert“;, hat Woody Allen einmal trotzig offenbart. Das neue „taz journal“; hilft, gelassener zu werden. Mehr geht nicht.

www.taz.de

Erschienen in Ausgabe 12/2007 in der Rubrik „Ortners Blattkritik“ auf Seite 76 bis 77. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.