Wenn er schildert, wie seine Redaktion von Praktikanten profitiert, gerät Dominik Wichmann, der Chefredakteur des Magazins der „Süddeutschen Zeitung“;, geradezu ins Schwärmen: „Allein schon aus Altersgründen bringen Praktikanten andere Zugänge und auch andere Themen in eine Redaktion.“; Er wolle die „absolut besten und kreativsten Praktikanten“; beschäftigen, das Praktikum sei auch für den Arbeitgeber „eine Zeit der Bewerbung“;. Der Praktikant sollte am Ende „gerne in der jeweiligen Redaktion weiterarbeiten wollen“;, sagt Wichmann. Fast alle seine Redakteure seien früher einmal Praktikanten beim „SZ-Magazin“; gewesen.
Der Praktikant als Ressource, um die die Redaktion werben muss – die Haltung setzt sich unter Ressortleitern und Chefredakteuren mehr und mehr durch. Auch wenn im Tagesgeschäft viele Redakteure genervt sind, wenn sie wieder einmal erklären, wie eine Nachricht aufgebaut oder eine Bildunterschrift getextet wird; die Redaktion kann von ihren Praktikanten profitieren – wenn sie ein paar Regeln beachtet.
Strukturen schaffen. Wer Standards festlegt, kann gezielter und effektiver auswählen: Wie viele Arbeitsproben wollen wir sehen? Reichen Erfahrungen in der Lokalpresse? Welche Vorbildung sollten die Bewerber mitbringen? In jedem Ressort und in jeder Redaktion sollte es einen Praktikumsbeauftragten geben, an den die Bewerbungen zu richten sind und der als Ansprechpartner für Praktikanten und Redakteure fungiert. Ein Leitfaden oder Merkblatt für Praktikanten mit den wichtigsten Infos ist sinnvoll und vermeidet, dass der Hospitant wegen jeder Kleinigkeit angerannt kommt: Wer ist der Ansprechpartner für welches Thema? Wann finden die Konferenzen statt? Wie funktionieren der Computer und das Redaktionssystem? Es ist außerdem sinnvoll, E-Mail-Accounts für Praktikanten einzurichten und ihnen das Archiv zu zeigen, damit sie selbstständig arbeiten können.
Offen sein. Manchmal reichen schon ein paar falsche Sätze beim Mittagessen, um jemanden abzustempeln. Lesen Sie aber wenigstens ein, zwei Texte auch von solchen Praktikanten, die Ihnen zunächst unsympathisch erscheinen. Ermutigen Sie sie, Themen zu entwickeln und vorzuschlagen. Auch wenn es schwer fällt, sich für den 43. Praktikanten genau so zu interessieren, wie für den ersten: Geben Sie jedem Praktikanten eine echte Chance, das heißt einen echten Arbeitsauftrag. Es empfiehlt sich zwar, den ersten Beitrag nicht fest einzuplanen; es empfiehlt sich aber genauso, dem Praktikanten die Gelegenheit zu geben, es damit ins Blatt oder in die Sendung schaffen. Wie sonst wollen Sie echte Nachwuchstalente entdecken, fördern und für sich nutzen?
Konstruktive Kritik. Praktikanten machen Fehler – genau wie jeder andere auch. Nehmen Sie sich die Zeit für Feedback, das ausführlicher ist als: „Das geht so nicht!“; Niemand zwingt Sie, während der Produktion dem Praktikanten seinen Job zu erklären. Aber ein paar Minuten finden sich nach Redaktionsschluss immer. Sie müssen ja nicht gleich eine Akademie gründen, um Ihre Praktikanten fortzubilden (siehe Kästen S. 10, 11). Aber ein wenig theoretischer Inhalt zum journalistischen Handwerk kann auch nebenbei „on the job“; vermittelt werden. Zumindest den ersten Beitrag des Praktikanten können Sie ausführlich redigieren und dabei erklären, warum sie es tun. Nur so kann jemand seine Leistung steigern. Sicher, manches Machwerk aus der Feder eines Praktikanten verdient es, sofort im Papierkorb zu landen. Trotzdem: nicht loslachen oder heulen. Die meis- ten Praktikanten haben sich Mühe gegeben, und lange (meist zu lange) überlegt, bevor sie ihre Texte abgegeben haben. Machen Sie keine Scherze auf Kosten der Praktikanten – auch nicht über abwesende Praktikanten, es spricht sich rum. Auch ein schlechter Text ist ein Text, über den jemand nachgedacht hat. Das heißt noch lange nicht, dass Sie ihn drucken oder senden sollten. Aber ein lautes: „Das ist ja wohl nicht Ihr Ernst“; muss auch nicht sein.
Spezial-Aufgaben verteilen. Es gibt mühsame Recherchen, mit denen sich Praktikanten beweisen können und für die Redakteure oft keine Zeit haben. So profitieren beide Seiten: Nutzen Sie die Motivation und die Findigkeit des Nachwuchses. Aber Vorsicht: Es kommt auf die Ausgewogenheit an. Wer drei Monate nur Listen recherchiert wie „Die zehn größten Autohäuser Deutschlands“; oder „Die hundert dümmsten Sprüche von Thomas Gottschalk“;, der ist schnell demotiviert. Auch für Vor-Ort-Recherchen sind Praktikanten prädestiniert: Sie haben die nötige Zeit und sind häufig neugieriger als manch ein routinierter Kollege.
Werbung machen. Wenn Ihnen ein Praktikant auffällt, empfehlen Sie ihn doch auch Kollegen – beispielsweise für Zulieferungen und Hintergrundrecherchen. Nehmen Sie ihn mit zu ein paar Terminen. Vielleicht stellt er Fragen, von denen auch Sie profitieren.
Erschienen in Ausgabe 12/2007 in der Rubrik „Praktikum“ auf Seite 10 bis 10. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.