Letizia Battaglia, Fotografin, Stadträtin und Verlegerin aus Italien, hat ihr Leben dem Kampf gegen die sizilianische Mafia gewidmet. „Ihre Bilder sind Dokumente von Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, meint die Jury der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) und hat Battaglia auf dem 2. Fotofestival Mannheim/Ludwigshafen/Heidelberg am 9. September den Erich-Salomon-Preis für Fotografie 2007 verliehen. In seiner bewegenden Laudatio beschrieb Leoluca Orlando, Ex-Bürgermeister von Palermo und Freund von Battaglia, die kämpferische Fotografin mit den Worten: „Ich fühle nichts, ich spreche nicht, ich sehe nichts. Das ist das Sizilien, in dem Du geboren bist, und dort hättest Du auch auf diese Weise weiterleben können, ohne zu hören, zu sprechen, zu sehen, wie viele Frauen in unserem Land gelebt haben und heute noch leben. Du hingegen hast Dich entschieden, zu fühlen: den Schmerz der Kinder und der Frauen, die zu Waisen und Witwen wurden, die erdrückende Stille der Stadt, die Drohungen der Verbrecher und roher Pseudo-Intellektueller zu hören, die Marionetten in den Händen der Mafia sind. Du hast dich weiterhin entschieden, zu sprechen: zu sprechen, um der Schande Ausdruck zu verleihen, dass Du in einem gepeinigten und gleichzeitig wunderschönen Land lebst, um Deinen Willen nach Zukunft zum Ausdruck zu bringen, um das Recht zum Ausdruck zu bringen, ohne die abscheulichen Ketten zu leben, die den Frauen und Müttern angelegt werden. Du hast dich dafür entschieden, Deine Seele sprechen zu lassen.
Und Du hast schließlich beschlossen, zu sehen: Dein Fotoapparat hat Dir und uns allen so zahlreiche tote Seelen und so viele rückständige Heuchler gezeigt; Du hast ohne den Einsatz von Fotomontage die grausame Realität und die Schändlichkeiten der Kriminalität aufgezeigt, die auf unserer sizilianischen Identität gründen. Du hast beschlossen, zu sehen und die Dunkelheit sichtbar zu machen. Die Mafia hat stets versucht und versucht nach wie vor, unsere Kultur zu missbrauchen, um das Verbrechen zu rechtfertigen. Du hast dieser Mafia Bilder vorgehalten, die schwarz von Trauer und rot von Blut sind, und dies auf Grund der Perversion, die unsere traditionellen Werte erfahren haben. Du hast aufgezeigt, wie Ehre in Schande verwandelt wurde, wie aus Familien verbrecherische Clans werden, wie aus Freundschaft Komplizentum entsteht. Auf wie viel Unverständnis musstest Du treffen! Wie viele Drohungen, die laut herausgeschrieen wurden, musstest Du dir anhören! Wie häufig hat man versucht, Dir durch Beleidigungen und Todesschweigen Einhalt zu gebieten! Unverständnis, Drohungen, Beleidigungen und das Schweigen, in das Gewand heuchlerischer Anständigkeit gehüllt! Warum? Warum hast Du das alles auf Dich genommen? Aus Liebe. Aus Liebe heraus hast Du unseren großen Feind besiegt: den Herrn, den ich als den Herrn, Warum nimmst du das auf dich?‘ bezeichne. Aus Liebe zu Dir selbst, aus Liebe zu Deiner Würde, zu Deiner Intelligenz, zu Deiner Freiheit, zu Deinem Stolz darauf, Sizilianerin zu sein. Und letztendlich aus Liebe zu Deinem, zu unserem Land.“
Erschienen in Ausgabe 11/2007 in der Rubrik „Fotos des Monats“ auf Seite 6 bis 7. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.