Im Dienst der Verbraucher

Zehn Jahre Sommerakademie, was hat sich beim Verbraucherjournalismus in dieser Zeit getan?

Karl Nikolaus Renner: Er hat deutlich zugenommen und ist in das Bewusstsein der Redaktionen getreten. Hoch interessant ist die Entwicklung im Fernsehbereich, wo sich auch immer mehr private Sender mit dem Thema beschäftigen und Verbrauchersendungen ausstrahlen. Als jüngstes Beispiel ist die RTL-„Verbrauchershow“ zu nennen, die regelmäßig am Sonntagabend lief. Hier wie auch am wegweisenden „ARD-Buffet“ zeigt sich immer mehr, dass Verbraucherjournalismus mit Unterhaltung gemischt wird.

Aber eigentlich heißt es doch stets, Unterhaltung und Information sollten strikt getrennt werden, um Abhängigkeiten und seichtes „Infotainment“ zu verhindern.

Die Abhängigkeit ist in der Tat ein ganz großes Problem, wenn nicht gar die zentrale Gefahr des Verbraucherjournalismus. Da läuft vor allem im Internet sehr viel in diese Richtung. Auf manchen Seiten kann man ja kaum noch die Werbeelemente von den journalistischen unterscheiden. Von den Anzeigenblättern und Beilagen in dieser Richtung, die im Gesicht des Verbraucherjournalismus daherkommen, aber eigentlich nur geschickte PR sind, ganz zu schweigen. Letztlich ist das natürlich von Medium zu Medium sehr unterschiedlich. Prinzipiell muss die eigentlich nüchterne Information aber auch attraktiv gestaltet werden, sonst erreicht man die Leute nicht.

In den zehn Jahren, seit denen auch Ihre Sommerakademie existiert, ist mit dem Internet ein völlig neues Medium dazugekommen. Was bedeutet das Netz für den Verbraucherjournalismus? Die Gefahr der PR-Inflation hatten Sie ja bereits genannt.

Das ist eine völlig neue Welt. Printmedien können ihre Archive bereitstellen – auch gegen Gebühren, und das sogar erfolgreich, wie es etwa die „Stiftung Warentest“ vormacht. Insgesamt kommt das Netz den Bedürfnissen der Verbraucher sehr entgegen, weil es Informationen auf Abruf ermöglicht, immer dann, wenn der Verbraucher Information oder Beratung braucht. Deshalb ist das Internet gar nicht mehr von den erfolgreichen Konzepten wie der ZDF-Sendung „WISO“ zu trennen.

Die Bandbreite des Verbraucherjournalismus hat sich also erhöht. Wie steht es denn um die Qualität?

Die hat vielfach auch zugenommen. Da ist ein Qualitätsbewusstsein entstanden. Ganz wichtig ist dabei auch die zunehmende Präsenz der Verbraucherzentralen, vor allem des Bundesverbandes. Da sehe ich übrigens ganz neue Aufgaben für den Verbraucherjournalismus, die aber auch inhaltlich zu diskutieren sind. Es geht schlicht um die Frage, ob der Journalist nicht nur Ratgeber für den Kunden sein soll, sondern ob er auch die Rolle des Anwalts übernehmen, sich also etwa für Gesetze einsetzen soll, die den Verbraucher besser schützen.

Der Journalist soll also auch Lobbyist für seine Leser und Zuschauer sein?

Wie gesagt: Das ist auch umstritten. Aber meine Meinung ist, dass der Journalist die allgemeine Entwicklung auch zupackend kommentieren soll.

… was Tageszeitungen ja eigentlich gerne machen. Viele Zeitungen, wie zum Beispiel auch die jüngst relaunchte „Frankfurter Rundschau“, beschränken aber Verbraucherthemen auf die Seiten der Immobilien-, Stellen- und Automobilteile.

In der Tat tun sich viele Tageszeitungen mit dem Thema schwer, aber eben nicht alle. Für die Münchner „Abendzeitung“ war der Verbraucherjournalismus beispielsweise schon immer ein großes Standbein. Warum noch immer viele Zeitungen weitestgehend auf Service-Seiten verzichten, darüber kann ich natürlich nur spekulieren. Das könnte daran liegen, dass guter Verbraucherjournalismus aufwendig ist und einigen Häusern dafür noch immer die personellen Kapazitäten fehlen. Interview: Daniel Bouhs

Erschienen in Ausgabe 10/2007 in der Rubrik „Kurz & Bündig“ auf Seite 10 bis 11. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.