Monaco-Facetten

Der Fall

Am jährlichen Rosenball des monegassischen Zwergstaats kommt „Bunte“ natürlich nicht vorbei. Die Party der Reichen und Schönen läutet alljährlich die Saison im Fürstentum ein – da lässt sich auch die Fürstenfamilie nicht lange bitten. Ein hausüblich reichlich bebilderter Artikel konzentrierte sich im März 2007 auf die damals 20-jährige Tochter von Prinzessin Caroline, Charlotte Casiraghi – jung, schön und offenbar willens, die Gnade der adligen Geburt nicht mit falscher Bescheidenheit zu bekümmern. In dem durchaus positiven Stück wurde Charlotte („eine feurige Schönheit“) als der Mittelpunkt der monegassischen Jeunesse dorée dargestellt. Die „Party-Prinzessin“ sah in der Berichterstattung einen Eingriff in ihre Privatsphäre – und zog sowohl gegen die Wort- als auch gegen die Bildberichterstattung vor Gericht. Das Landgericht Berlin gab ihr ebenso recht wie die Berufungsinstanz und verbot die angegriffenen Veröffentlichungen. Erst vor dem BGH konnte sich die „Bunte“ durchsetzen.

Das Urteil

Der BGH hob mit beiden Urteilen (Az. VI ZR 190/08 und VI ZR 230/08) die Vorinstanzen und damit das Veröffentlichungsverbot auf. Die „Bunte“ durfte Charlotte in den Mittelpunkt rücken. „Wer an Veranstaltungen teilnimmt, die ersichtlich wegen ihres Teilnehmerkreises auf großes Interesse jedenfalls eines Teils des Publikums stoßen und auch auf Außenwirkung angelegt sind, muss die öffentliche Erörterung seiner Teilnahme an der Veranstaltung ebenso dulden wie kommentierende und wertende Bemerkungen zu seiner Person“, so die Richter. Auch die Veröffentlichung der Fotos sei gerechtfertigt gewesen: Der Ball sei ein zeitgeschichtliches Ereignis, ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei zu bejahen. Die Lebensweise und das Verhalten in diesen Gesellschaftskreisen habe zudem eine „Leitbild- oder Kontrastfunktion“ für große Teile der Gesellschaft und biete Anlass zu gesellschaftskritischen Überlegungen. Die Prinzessin sei im Übrigen durchweg positiv dargestellt worden, der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei deshalb gering.

Die Folgen

Der BGH verzichtete diesmal darauf, die Berliner Richter offen abzukanzeln. Dies deutet darauf hin, dass die Sache in Karlsruhe nicht ganz so eindeutig beurteilt wurde wie zuletzt in anderen Presseverfahren, in denen den Hauptstadtkollegen in aller Deutlichkeit ein grundlegendes Fehlverständnis der Grundrechte attestiert wurde. Die Richter haben, wie es nach dem Konzept der Persönlichkeitsrechte erforderlich ist, die Interessen der Öffentlichkeit und die der Prinzessin gegenübergestellt und abgewogen. Für die Redaktionen ist das Urteil auf den ersten Blick erfreulich. Fragen wirft aber der Verweis auf die durchweg „positive“ Berichterstattung auf. Was wäre, wenn der Tonfall der Berichterstattung etwas weniger nett, vielleicht ein wenig spöttisch oder gar offen kritisch gewesen wäre? Es bleibt zu hoffen, dass die Richter hier nicht grundsätzlich die „Hofberichterstattung“ privilegieren wollten – nach dem Motto: „Tut ja keinem weh“. Auch weniger wohlwollende Gedanken müssen nicht nur in den Köpfen der Leser gestattet sein, sondern auch in der Berichterstattung selbst.

Erschienen in Ausgabe 01+02/2011 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 50 bis 50 Autor/en: Stephan Zimprich. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.