Auswärtssieg

Der Fall

Es geht ihnen um die zahllosen ungesehenen Perlen des Fußballs. Um Fallrückzieher auf dem Grandplatz, um Weltklassedribblings in der Kreisliga C – und um den lustigen Patzer des Torwarts vor dem 0:8. Auf der Webseite www.hartplatzhelden.de können Fans Videos aus den Amateurligen hochladen, damit auch die kleinen Sensationen aus den Niederungen der Dorfvereine einem großen Publikum präsentiert werden. Das Portal gewann schnell an Popularität. Irgendwann wurden auch die Fußballverbände aufmerksam. Die Betreiber wurden abgemahnt mit der Behauptung, den Verbänden als Veranstalter würden die Rechte an allen Bildaufnahmen zustehen; eine kommerzielle Verwertung durch Dritte sei nicht gestattet. Die Journalisten ließen sich nicht einschüchtern. Der württembergische Fußballverband (WFV) klagte vor dem Landgericht Stuttgart und gewann, auch in der Berufung. Erst der BGH drehte das Spiel „in letzter Minute“.

Das Urteil

Der BGH (Az. I ZR 60/09) hob das Urteil der Vorinstanz auf und gab den Hartplatzhelden in allen Punkten recht: Weder durch die Anfertigung der Videos noch durch deren Verbreitung im Internet würden Leistungen des Verbandes unlauter nachgeahmt oder ausgebeutet. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Hartplatzhelden – jedenfalls für die Zukunft – ihr Projekt durchaus auch als Geschäftsmodell begreifen. Das Gericht schob damit dem – vor allem im Sport – behaupteten Gedanken des „Eventschutzes“ einen Riegel vor. Allein die Vereine selbst könnten über das Hausrecht Bildaufnahmen verbieten. Die standen aber eher auf der Seite der Hartplatzhelden – auch Kreisligafußballer finde es toll, mal „im Fernsehen“ zu sein – und sei es nur im Netz.

Die Folgen

User Generated Content ist derzeit in aller Munde. Die Zuordnung von Rechten war allerdings in vielen Fällen ungeklärt – gerade wenn mehrere Personen an der Entstehung solcher Inhalte beteiligt sind. Der BGH hat nun klargestellt, dass zumindest für Veranstaltungen und Events, bei denen kein urheberrechtlicher Schutz besteht (wie aber bei Theateraufführungen und Konzerten), ein Monopolrecht nicht allein deshalb gewährt wird, weil jemand organisatorische Leistungen erbracht hat. Auch aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten sei ein solcher Leistungsschutz nicht erforderlich, urteilten die Richter, schließlich sei der Amateurfußball nicht auf die Einnahmen angewiesen.

Das Urteil dürfte in seiner Bedeutung über den Fußball hinausgehen. Es setzt einen Maßstab für die Verwertung von Medienaufnahmen aus dem öffentlichen Raum. Für den Journalismus ist das eine gute Nachricht – er zerschellt nicht an den finanziellen Interessen von Verbandsfunktionären. Aber auch Verlage sollten aufmerksam werden: Die „Hartplatzhelden“ zeigen, dass es unerschlossene Medien-märkte gibt, die Potenzial haben – und haben mit dem Urteil praktischerweise auch gleich wettbewerbsrechtliche Bedenken für Nachzügler aus dem Weg geräumt. Das Urteil bringt zumindest im Amateursport Rechtssicherheit. In anderen Konstellationen sollte jedes Konzept dennoch neu geprüft werden.

Erschienen in Ausgabe 12/2010 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 73 bis 73 Autor/en: Stephan Zimprich. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.