Florian Harms: „Dieses Tempo war ich aus meiner Vergangenheit nicht gewohnt“
„T-Online“-Chefredakteur Florian Harms genießt die neue Freiheit jenseits seines früheren Arbeitgebers, dem Spiegel-Verlag. „Dieses Tempo war ich aus meiner Vergangenheit nicht gewohnt“, schwärmt der frühere „Spiegel Online“-Chefredakteur über die Arbeit bei der Ströer-Tochter „T-Online“ im Titel-Interview der Novemberausgabe von „Medium Magazin“. „Wir können uns hundertprozentig auf das digitale Produzieren fokussieren und müssen keine Rücksicht auf ein begleitendes Printprodukt nehmen, das einen völlig anderen Rhythmus hat, dem man nichts wegnehmen möchte oder nicht vorgreifen möchte.“
Harms und „Spiegel Online“ hatten sich im Dezember 2016 getrennt. Seit dem 1. September dieses Jahres leitet er den Berliner Newsroom von „T-Online“. Dort will er „natürlich auf Nachrichten setzen und Meinung, aber zusätzlich Erklärformate für unsere unterschiedlichen Plattformen und Kanäle entwickeln“, sagte Harms dem Branchenmagazin weiter. Seine Redaktion – darunter ehemalige Redakteure von „Spiegel Online“, „Handelsblatt“ und „Bild“ – werde künftig etwa 70 Mitarbeiter haben. Als die Redaktion noch in Darmstadt saß und zur Deutschen Telekom gehörte, hatte sie noch etwa 100 Mitarbeiter. Ströer hatte „T-Online“ komplett übernommen und die bisherige Redaktion aufgelöst – allerdings nicht IT, Marketing und Verwaltung.
„T-Online“ wird unter anderem auf sogenannte Info-Walls ausgespielt, die Ströer etwa in Hauptbahnhöfen betreibt.
Das aktuelle „medium magazin“ widmet seine Titelgeschichte den journalistischen „Riesen unter dem Radar“: mm-Redaktionsmitglied Jens Twiehaus blickt dafür neben „T-Online“ auch auf das News-Angebot „Upday“, das Axel Springer exklusiv für Smartphones von Samsung produziert. Springer beschäftigt für „Upday“ derzeit 50 Journalisten, die Angebote für 17 europäische Länder produzieren. Im Oktober wischten sich „Upday“-Nutzer laut IVW-Statistik durch 3,6 Milliarden Karten, die kurze News-Zusammenfassungen anzeigen.
„Upday“-Produktchef Jan-Eric Peters bringt seine Nachrichten auch auf Samsung-Uhren und auf den ersten Kühlschränken mit Bildschirmen des südkoreanischen Herstellers werden „Upday“-Nachrichten ebenfalls bereits angezeigt. Apps für Fernseher sind ein Thema, ebenso Sprachsteuerung für smarte Lautsprecher. Künftig könnte „Upday“ zudem in vernetzte Autos Einzug halten: zum koreanischen Samsung-Konglomerat gehört unter anderem die US-Roboterauto-Firma Harman.
„Weil Nutzerzahlen und Umsätze jeden Monat wachsen, hat der weitverbreitete Medien-Blues hier keinen Einfluss auf die Stimmung“, sagte Peters dem „medium magazin“ – auch wenn die Frage, inwieweit „Upday“ auch im Werbemarkt erfolgreich sein könne, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht final zu beantworten sei.
Im Schnitt klicken Nutzer zu etwa fünf Prozent auf den weiterführenden Link und landen so etwa auf „Spiegel Online“, beim „Handelsblatt“ oder der „Süddeutschen“, denn: „Upday“ verweist nicht nur auf die Titel aus dem eigenen Springer-Konzern. Bei Top-Geschichten leitet „Upday“ so je bis zu 100.000 Besucher auf die Nachrichtenseiten und ist damit ein immer wichtigerer Traffic-Lieferant.
Der Beitrag „Riesen unter dem Radar“ von mm-Redaktionsmitglied Jens Twiehaus ist erschienen im „medium magazin 6/2017 (Seite 16-22). Ihr Beitrag ist einer von mehreren zum Themenschwerpunkt „Zukunft der Medien“. Das Heft ist digital im iKiosk verfügbar und kann gedruckt einzeln gekauft oder abonniert werden.