Twitter Boom bei Print-Medien

Die Liste twitternder Printmedien wird immer länger: Inzwischen nutzen bereits über 100 deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften den Microblogging-Dienst, noch Mitte Dezember waren es erst um die 40 (s. mm 1+2/09). An der Spitze steht mit über 5400 „Followern" (Abonnenten) „spiegel online" mit twitter.com/spiegel_eil. Aber immer mehr Regionalzeitungen sind schon dabei: Zum Beispiel der „Warsteiner Anzeiger" (twitter.com/Anzeiger, Dialog), der „Trierische Volksfreund" (twitter.com/Volksfreund, RSS-Feeds) oder der „Schwarzwälder Bote" (twitter.com/schwarzwaelder, RSS-Feeds). Anderseits klaffen auf der Verlagskarte auch noch große Lücken. Dass Redaktionen mit Microblogging-Ambitionen sich vorab durchaus Gedanken machen sollten, wie sie dieses Social-Media-Werkzeug einsetzen wollen, wurde im Januar bei der weltweit ersten Microblogging-Konferenz MBC09 in Hamburg deutlich. „Wir twittern in Schichten, einer alleine kann das gar nicht bewältigen", beschrieb Katrin Scheib, Chefin vom Dienst beim WAZ-Portal Der Westen (twitter.com/DerWesten) den Aufwand für die Twitter-Präsenz. Der Westen beginnt seine Kurznachrichten schon morgens früh um 6 mit den Staumeldungen und verabschiedet sich in der Regel gegen 23 Uhr. Dazwischen hält die Online-Redaktion per Twitter immer wieder Kontakt mit ihren Followern und fördert Feedback mit gezielten Umfragen, was wiederum Aufwand beim Auswerten der Nutzerreaktionen bedeutet. Frank Schmiechen, der die Twitter-Aktivitäten von „Welt Kompakt" (twitter.com/weltkompakt) seit fast zwei Jahren mit einer sehr persönlichen Note weitgehend alleine betreibt, merkt inzwischen manchmal, dass er an Grenzen stößt. Einerseits befürwortet der Chefredakteur der „Welt Kompakt", dass Redaktionen bei Twitter ihre Corporate Identity nutzen: „Welt Kompakt kennt jeder, aber wer von unseren Followern kennt schon Frank Schmiechen?" Andererseits gibt es auch Beobachtungen, die er zwar gerne, aber nur als privater Twitterer mitteilen würde. Grenzen zieht Schmiechen bei der Einbindung der Nutzer in die Themenplanung, denn zu viel davon könne auch „schleimig" wirken.

Was in Hamburg deutlich wurde: Noch ist die Szene sehr selbstreferenziell. Die aktivsten Twitterer beschäftigen sich mit sich selbst. Dennoch dürfte für Medien, die auf den Twitter-Zug aufspringen wollen, jetzt ein guter Zeitpunkt sein, um damit Aufmerksamkeit unter den Nutzern ihres Online-Angebots zu erzielen. Denn als Thema ist Twitter nach Obamas Web-2.0-Wahlkampf und der spektulären Notwasserung auf dem Hudson River auch in den Massenmedien angekommen. Statistiken zu den explodierenden Nutzerzahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Nur auf jedem fünften angemeldeten Nutzerkonto (sechs Millionen weltweit, rund 100.000 im deutschsprachigen Raum) tut sich zumindest mehrmals wöchentlich etwas. Tipp: Eine stets aktualisierte Liste twitternder Medien (Verlage, TV, Hörfunk, Internetfirmen) gibt es hier: http://tinyurl.com/dy27nk Ulrike Langer

Info: „medium magazin" twittert ebenfalls, seit Mitte Januar: Für jedermann nachzulesen ist der Redaktionstwitter unter www.mediummagazin.de, der vollständige Nachrichten-Verlauf (feed) unter http://twitter.com/mediummagazin (Anmeldung bei twitter notwendig)

Erschienen in Ausgabe 03/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 9 bis 9. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.