Dann eben PR …
„Holzmann rettet Schröder" – zweifellos eine der genialsten Headlines der frech-fröhlichen „taz"ler auf dem Höhepunkt der Krise um den dann doch noch gestrauchelten Baukonzern Philipp Holzmann! Damals war Ex-Kanzler Gerhard Schröder in schwere Bedrängnis geraten: Seine Partei hatte ihn nicht mehr so richtig lieb, das Wahlvolk auch nicht. Da kam Holzmann gerade recht. Schröder vernahm die Sorge um Holzmann, sah die Demonstrationen der Bauarbeiter – und jettete am vierten Tag der Krise nach Frankfurt, um vor allem eines zu versprechen: Geld für die bedrohte Firma, Geld, Geld und noch mehr Geld! Alles jubelte, Schröder war wieder geliebt, die verängstigten Bauarbeiter aus dem Häuschen. Nur eines kam nie an: Das versprochene Geld! Macht doch nichts, Ziel wurde trotzdem erfüllt: Schröder gerettet! Dass sich ein paar tausend Holzmänner besch fühlten, wen kümmert´s? Der Wähler vergisst schnell.
Ach ja, so war das damals, im November 1999. Das ist auch schon einige Zeit her. Damals drückte sich in den zumeist nächtlichen Verhandlungen ein junger, sauber frisierter Politprofi bei den Verhandlungen der Banker rum, sehr zum Ärger der unter Hochdruck tagenden Vorstände von Deutsche Bank, Commerzbank & Co.: Der zu jener Zeit erst 33-jährige Staatsminister – von Schröders Gnaden – im Kanzleramt Hans Martin Bury. Seine vordringlichste Aufgabe: Die Lage peilen und herausfinden, wann der Zeitpunkt reif sein würde für den großen Auftritt seines Herrn. Er sagte fast nie etwas, telefonierte nur ab und zu mit Schröder, und gab ihm dann das Signal zum Einflug. Die nächtliche Schröder-Rede auf dem Balkon der Holzmann-Hauptverwaltung schrieb Geschichte. Bury hatte seine Aufgabe erfüllt, mit sicherem Gespür für Timing, Medienlage und Politik.
Schröder ist nun ebenfalls Geschichte. Und Bury hat nach dem Kanzlerwechsel das Fach gewechselt: Vom aufmerksamkeitsstarken, aber schlecht bezahlten Polit-Gewerbe ins aufmerksamkeitsschwache, dafür aber weit besser bezahlte Bankfach. SPD-Karrierist Bury ging zu Lehman Brothers, einer jener hard core Investmentbanken, denen wir die derzeitige Finanz- und Wirtschafts-Krise federführend zu verdanken haben. Bury wurde verantwortlich fürs Geschäft mit der öffentlichen Hand, und beriet zugleich seinen Parteifreund Peer Steinbrück, heute noch Finanzminister. Das Geschäft lief prima für Lehman, auch weil sie richtig viele Finanzprodukte zweifelhafter Qualität an alle verhökerten: an Witwen, Waisen, alte Mütter, Kranke, Schwerkranke. Dann kam der 15. September, Lehman brach zusammen – und Bury wurde arbeitslos. Nun konnte der, nun ja, Sozialdemokrat überall lesen, wie kleine Leute ihr Geld verloren hatten – mit Zertifikaten von Lehman. Und Bury? Der flotte Hans Martin hat schnell einen neuen Job gefunden, ganz schnell: Er wird Partner bei der Kommunikationsagentur Hering Schuppener und soll dort Public Affairs machen. Das überrascht! Die Agentur ist eigentlich hochseriös und professionell. Ralf Hering und Bernd Schuppener sind anständige Kerle, und die meisten ihrer Leute sind es auch. Und nun der geschmeidige Hans Martin, der zwar demokratisch und sozial ist, aber davon die letzten Jahre gar wenig spüren ließ? Bury hat sicher beste Kontakte in Berlin, aber über alle moralischen Zweifel erhaben? Nein, das ist er sicher nicht!
… und die Branche zittert
Die letzten Jahre kannte die Kommunikations-Branche nur eine Richtung: nach oben. Hunderte, tausende neue Stellen wurden geschaffen. Die Agenturen boomten, völlig neue Geschäftsmodelle wie die auf die Kommunikationsbedürfnisse von Investmentbanken und Kapitalmarktakteure ausgerichteten Spezial-Dienstleister wuchsen atemberaubend, und selbst für den verschlafensten ehemaligen Kommunikationschef, der sich nach so oder so beendeter Unternehmenskarriere als Berater verdingte, war ein warmes Plätzchen am Budgethahn der Auftraggeber frei. Das Geld floss, die Stimmung war bestens, und es blieb auch noch viel Zeit für zumeist sinnloses Gezanke innerhalb der Branche. Jetzt ist der Kater da. Die Kapitalmärkte funktionieren nicht mehr, die Investmentbanken gibt es nicht mehr, und das Geld fließt auch nicht mehr. Besonders große Agenturen schmieden hinter verschlossenen Türen Einsparungspläne, überlegen schon mal, wer gegebenenfalls gehen muss. Die Konzerne verhängen Einstellungsstopps, die auch die Kommunikation treffen, und Stellen, die frei werden, bleiben einfach unbesetzt. Landauf, landab sind die Controller zu neuer Macht gelangt und treten auf die Kostenbremse, wie üblich zuerst in der Kommunikation. Noch sagt es keiner laut, und noch tut jeder so, als sei alles prima und als träfe es nur die anderen. Doch die Wahrheit ist eine andere: 2009, so viel steht fest, wird ein kaltes Jahr für unsere Branche!
Cordes‘ Coup
Das war ein respektabler Coup, den Metros Vorstandschef Eckard Cordes da gelandet hat. Als neuen Kommunikationschef hat er den bisherigen Chef des Hauptstadtbüros der „Wirtschaftswoche," Michael Inacker, verpflichtet. Am 1. Februar soll er sein Amt bei Metro antreten. Er folgt dort auf Jürgen Homeyer, der nur ein Jahr die Illusion haben durfte, so etwas wie Kommunikationschef und seinerseits Nachfolger der am Ende glücklosen Petra Rob zu sein. In Journalistenkreisen galt Homeyer als farb- und wirkungslos. Dabei soll er alles getan haben, um seinem CEO zu gefallen, was wiederum Cordes wohl nicht so richtig gefiel. Der Metro-Chef gilt als Typ, der weiß, was er will, knallhart Leistung und Einsatz verlangt und eigene Meinungen durchaus schätzt. Darum ist Inacker sicher nicht verlegen: Früher u. a. in Leitungsfunktionen bei „FAZ-Sonntagszeitung", „Welt" und „WamS", hatte ihn Jürgen Schrempp zwischendurch zu DaimlerChrysler geholt. Er kennt sich aus in Konzern- und Machtstrukturen. Die Voraussetzungen stimmen schon mal! Dr. Who wünscht das Beste!
Was ist mit Gress?
Die Kollegen Kommunikationschefs rätseln: Was ist mit Felix Gress passiert? Gress ist seit 2000 Kommunikationschef der BASF AG, und zwar ein guter. Unaufgeregt, leise, effizient, durch und durch „Aniliner", wie die BASFler immer noch heißen, mit besten Verbindungen in das große BASF-Reich und seine Top-Etagen. 2008 wählte ihn gar eine (wirklich!) unabhängige Jury zum „PR Professional des Jahres". Und nun wird er Knall auf Fall seine Aufgabe abgeben, um ab dem 1. Januar Standortmarketing – ja, Sie haben richtig gelesen: STANDORTMARKETING zu machen, für die Metropolregion Rhein Neckar GmbH. In der ist die BASF seit vielen Jahren stark engagiert, und man macht Werbung für das wunderbare Städtedreieck Heidelberg, Ludwigshafen, Schwetzingen. Nach der großen weiten BASF-Welt – heute China, morgen USA, übermorgen Russland – wird’s nun also bescheidener: Schriesheim, Schifferstadt und Gauangeloch. Gress Vorgänger bei der Metropolregion, Wolf-Rainer Lowack, war ebenfalls ein BASF-Mann, der nun, nach drei harten Jahren, wieder zum Chemiekonzern zurückkehren darf und als Ausgleich für die zahllosen Entbehrungen die Karriereleiter einen Schritt nach oben fällt. Hoffentlich holt die BASF Gress auch zurück – Talente wie er sind selten!
Tschüss Bernhard!
Der Groß-Meister des Dementis, Bernhard Blohm, hat seinen Schreibtisch geräumt. Nach Monaten verbissener Verneinung der wahren Lage, massenhaft gespinnten Geschichten gingen für den bisherigen Kommunikationschef der ehedem glanzvollen Hamburger Landesbank HSH die Lichter aus. Zeitgleich mit dem erzwungenen Abgang seines CEO Hans Berger ließ Blohm „ab sofort" (wie die ums Überleben kämpfende Bank eiligst mitteilte) sein Amt ruhen. Und wieder konnte es Blohm nicht lassen: Neugierigen Journalisten, so berichten sie, erzählte er, das habe alles nichts miteinander zu tun. Er habe sowieso gehen wollen, ein paar Monate später zwar, aber was machen schon ein paar Monate? Hamburger Politiker, Haupteigentümer der HSH, erzählen allerdings ganz was anderes, und das klingt gar nicht freundlich, sonde
rn ziemlich genervt …
Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. eMail: autor@mediummagazin.de
Erschienen in Ausgabe 01+02/2009 in der Rubrik „PR“ auf Seite 58 bis 59. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.