Raketenstart in die rechte Umlaufbahn

Die Redaktion von "Apollo News". Ganz vorne Max Mannhart, Chefredakteur Apollo News. Foto: Hannes Jung
Die Redaktion von „Apollo News“. Ganz vorne: Max Mannhart, Chefredakteur und Geschäftsführer der jungen Redaktion. Foto: Hannes Jung

„Apollo News“ wächst ­rasant, will „eine Führungsrolle ­erobern“. Einst Schülerblog, konkurriert es nun mit Alternativmedien um Reichweite – ­mit frag­würdigen Verbindungen und ­zweifelhaftem­ journalistischen Anspruch. Dieser Beitrag ist in Gänze im „medium magazin“ 01/2025  erschienen.

Text: Veronika Völlinger & Frederik von Castell


Max Mannhart hat Grund zur Freude: „Apollo News“ hat Ende 2024 einen Artikel veröffentlicht, den der 22-Jährige im Gespräch mit dem „medium magazin“ den „größten journalistischen Erfolg“ seines jungen Onlineportals nennt. In dem Artikel beruft sich „Apollo“ auf Dokumente und Insider aus dem Thüringer Verfassungsschutz und wirft dessen Präsident Stephan Kramer Fehlverhalten vor, vor allem bei der Einstufung der Thüringer AfD als „gesichert rechtsextrem“. Ende 2024, rund eineinhalb Jahre nach dem Relaunch, verkündete Chefredakteur und Geschäftsführer Mannhart zudem, „Apollo“ schreibe bereits schwarze Zahlen – und das bei einer Größe von inzwischen 15 festen Redaktionsmitgliedern. Der „Apollo“-Aufstieg bleibt der Branche nicht verborgen: Kürzlich wurden Mannhart und seine Redaktion in einem „Zeit Dossier“-Text beleuchtet. Die Bilanz in der Online-Fassung: „Jung, gebildet, rechts“.

Diese Einordnung im „Zeit“-Text, in dem Kerstin Kohlenberg deutschlandweit dem Rechtsruck nachspürt, teilt der „Apollo“-Chef offenbar nicht. Sein Portal sei „bürgerlich und liberal-konservativ“, sagt der Chefredakteur im Gespräch mit dem „medium magazin“. Medienforschende wie Gabriele Hooffacker indes ordnen „Apollo“ als rechtslibertär ein. Die Professorin an der HTWK Leipzig und Herausgeberin der Gelben Reihe „Journalistische Praxis“ sagt: „Der Tenor ist, dass die Institutionen, die Regierung, das Parlament und die gewählten Politiker angegriffen werden.“ Vergleichbar agieren Alternativmedien wie „Tichys Einblick“ oder „Nius“.

Max Mannhart, Chefredakteur des Alternativmediums "Apollo News". Foto: Hannes Jung
Max Mannhart, Chefredakteur des Alternativmediums „Apollo News“. Foto: Hannes Jung

„Ich denke, es gibt einen großen Markt für neue Medienmarken, die Journalismus wieder anders machen“, sagt Mannhart. Wenn es nach ihm ginge, dann solle „Apollo“ nicht nur im Wettbewerb mit diesen Medien stehen: „Wir wollen eine Führungsrolle erobern“, sagt er. „Unter den klassischen Printmedien ist uns die ‚Welt‘ wohl am nächsten.“

Tatsächlich wächst die Aufmerksamkeit für seine Redaktion. Das sieht man etwa an den Seitenbesuchen: Im Januar 2025 lag deren Zahl laut dem Analysetool Similarweb bei 3,54 Millionen. Laut einer aktuellen Analyse werden „Apollo“-Links in deutschsprachigen verschwörungsideologischen und rechts­extremen Telegram-Kanälen und -Gruppen inzwischen häufiger geteilt als jene von „Nius“, „Junge Freiheit“ und „Tichys Einblick“ (TE). Alternativmedien, die „Apollo“ häufig selbst zitieren. Aber auch große Medienmarken greifen „Apollo“-Berichte auf: „Welt“, „Bild“, „Berliner Zeitung“ und „Cicero“, vereinzelt auch die NZZ. Es scheint Mannharts Team zu gelingen, Themen zu setzen. Etwa mit dem Kramer-Bericht. Oder als frühere Mitschüler den Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger (während dessen Flugblattaffäre) bei „Apollo“ verteidigen. So wird „Apollo“ auch von etablierten Medien aufgegriffen – und somit wie eine seriöse Nachrichtenseite behandelt.

Das alles ist bemerkenswert. Auch, weil die meisten der 15 festangestellten Redakteure unter 25 sind und niemand von ihnen eine formale journalistische Ausbildung hat, wie Mannhart sagt. Ob es die nicht brauche? Journalismus sei kein akademischer Beruf, sondern „geistiges Handwerk“, „man lernt es vor allem aus der Praxis“, sagt Mannhart. „Wie ein journalistischer Text klingen muss, das hat auch etwas mit Sprachgefühl zu tun – das Wichtigste ist, dass man viele gute Texte liest.“

„Apollo“ bezeichnet sich selbst als „mit Abstand Deutschlands jüngste professionelle Redaktion“. Doch wird im Gespräch mit Max Mannhart nicht klar, ob „Apollo“ zwischen journalistischem Handwerk und journalistisch anmutendem Sound unterscheidet – und ob das für den Chef überhaupt einen wesentlichen Unterschied ausmacht.

Die meisten „Apollo“-Redakteurinnen und -Redakteure haben schon bei Alternativmedien gearbeitet wie „Achse des Guten“, „Tichys Einblick“ und dem früheren „Pleiteticker“ von Julian Reichelt, aus dem „Nius“ hervorging. Seit Sommer 2023 stehen Mannhart und sein „Apollo“-Team auf eigenen Füßen – und machen den früheren Arbeitgebern Konkurrenz.

Vom Schülerblog zur Nachrichtenseite

Das 180 Quadratmeter große Büroloft von „Apollo“ in Berlin-Kreuzberg versprüht Start-up-Vibes: In Mannharts Büro stehen ein Tisch, drei Stühle, eine Couch, ein Regal. Es hallt. Opulent ausgestattet ist nur das Studio mit beleuchtetem „Apollo“-Schriftzug an der Wand. Hier werden Podcasts und Videos aufgezeichnet. Das Herzstück der Redaktion ist der offene Newsroom: Die „Apollo“-Redakteurinnen und -Redakteure sitzen an einem Freitagmittag im Februar vor ihren Notebooks an einer Insel aus weißen Schreibtischen. 

Sieben Jahre zuvor: Max Mannhart ist 15. Er geht in Berlin zur Schule, als er 2018 gemeinsam mit anderen Schülern „Apollo“ startet. Input, Kontakte und schließlich auch Know-how finden sie in einem rechtslibertären Netzwerk: Mannhart und andere spätere „Apollo“-Autoren besuchen Vorträge der Friedrich A. von Hayek-­Gesellschaft. Eigentlich hat sich die Organisation der Förderung freiheitlicher Ideen des Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek verschrieben, steckt aber zu dem Zeitpunkt in einem Richtungsstreit. Denn nach Ansicht ehemaliger Mitglieder ist sie nach rechts gekippt. 2015 verlassen prominente Mitglieder die Gesellschaft, unter ihnen Christian Lindner (FDP). Weitere Mitglieder gehen 2017. Eines davon begründet das laut „Süddeutscher Zeitung“ mit der Sorge, das Vermächtnis Hayeks werde „in einen nationalistisch-völkischen Sumpf gezogen“.

Dennoch rücken „Apollo“ und Hayek-Gesellschaft zusammen; die damalige Hayek-Jugendreferentin, Larissa Fußer, ist heute 26 und sitzt inzwischen in der „Apollo“-Chefredaktion. Die Hayek-Gesellschaft richtet ab 2019 gemeinsam mit „Apollo“ und der „Achse des Guten“ Journalismus-Workshops für 15- bis 25-Jährige aus. Eine der Referentinnen war die frühere DDR-Bürgerrechtlerin und CDU-Politikerin Vera Lengsfeld. Schon damals stand sie wegen ihrer Nähe zur islamfeindlichen Pegida-Bewegung in der Kritik. Heute duzt Mannhart Lengsfeld, wenn er sie für „Apollo“ interviewt. In der Folge docken immer mehr „Apollo“-Leute bei der „Achse des Guten“ an, für die Mannhart unter dem Pseudonym „Air Tuerkis“ schrieb. 

Doch Mannhart zieht es bald weiter. Kurz nach seinem Abitur wird er 2020 Redakteur bei „Tichys Einblick“, dem Portal des früheren „Wirtschaftswoche“-Chefredakteurs Roland Tichy. Er habe dort sogar das Berliner Büro geleitet, gibt Mannhart an. Ein bemerkenswerter Aufstieg für einen, der keine formale journalistische Ausbildung und kein Studium absolviert hat.

Ein Jahr später übernimmt Tichy rund 20 Autorinnen und Autoren von „Apollo“ und startet eine Jugendredaktion. Besonders stolz ist das „Apollo“-Team auf Recherchen über das Berliner Wahl-Desaster 2021 aus dieser Zeit. […]

Wie „Apollo News“ sich vom Schüler- zum Alternativmedium entwickelte und welche fragwürdigen Verbindungen die Redaktion aufweist, lesen Sie in Gänze im neuen „medium magazin“ 01/25.


Cover des medium magazins 01/25. "Raketenstart in die rechte Umlaufbahn: „Nius“ und Co bekommen Konkurrenz: Das Alternativmedium „Apollo News“ um Max Mannhart wächst rasant. Eine exklusive Recherche zu „Apollos“ fragwürdiger Mission.Außerdem geht es in der neuen Ausgabe um die großen Zukunfts-Themen der Branche: Warum „Kollege KI“ trotz aller Bedenken und Herausforderungen eine Chance für den Journalismus darstellt. Ob die Räume des Sagbaren wirklich so ausgedehnt werden sollten, wie es sich Mathias Döpfner vorstellt. Wie Regionalzeitungen in Ostdeutschland um die Zukunft ringen. Wie und warum man ohne Chefredaktion arbeitet. Was sich ändern muss, damit Kinder für Journalist:innen nicht mehr zum Karrierekiller werden. Wie Journalismus ohne Selbstausbeutung gelingen kann. Und warum Schluss damit sein muss, dass Medien Fake-Anzeigen Platz einräumen, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit erhalten wollen. Dazu im Interview Ranga Yogeshwar, der sagt: „Wir dürfen das nicht mehr zulassen!“ Diese und viele weitere Themen und wie immer jede Menge Praxis-Tipps ab jetzt im neuen „medium magazin“ – ab sofort digital oder als Printausgabe hier erhältlich oder im ikiosk.