Zeitungslektüre via E-Paper

Fünf Tageszeitungen, eine Fernsehzeitschrift und sechs Magazine auf einem Bildschirm. Mit dem Projekt „Read&Go" hat der französische Online- und Mobilfunkanbieter Orange, ein Tochterunternehmen der France Telecom, ein neues Kapitel im Bereich E-Paper aufgeschlagen. Seit Mitte April 2007 testet das Unternehmen an 150 Personen die Akzeptanz, Informationen aus der Tagespresse und Zeitschriften auf einen mobilen Bildschirm zu lesen. Die Versuchsphase dauerte bis Ende September, bis Mitte Oktober soll nun die Entscheidung getroffen werden, ob das ambitionierte Projekt massentauglich ist und eine reelle Zukunft hat, langfristig in das Angebot von Orange aufgenommen zu werden.

Die Idee zu „Read&Go" wurde innerhalb der firmeneigenen Stabstelle „The NexT Programm" entwickelt, die sich um die Weiterentwicklung von Orange zu einem integrierten Operator kümmert. Pierre Geslot, verantwortlich für 3-G-Projekte bei Orange: „Ziel ist, der Tagespresse bei ihrem Einstieg ins digitale Zeitalter Schützenhilfe zu leisten." In Frankreich leiden die Zeitungen seit Jahren unter starkem Leserschwund. Bedingt durch diese Medienkrise kam es zu einem erheblichen Personalabbau in den Redaktionen. „Eine ganze Reihe guter Print-Journalisten haben ihren Job verloren. Dadurch geht Fachwissen verloren. Durch, Read&Go‘ wollen wir den Medien eine Chance bieten, gute Journalisten in Zukunft halten zu können", so die Pressesprecherin des Projektes Bérengère Arnold.

In der ersten Testphase waren fünf Tageszeitungen, konkret „Le Monde", „Le Parisien", „Les Echos", „L’Equipe", „Le Figaro" und die Kultur- und Fernsehzeitschrift „Télérama", am Start. Mitte Juli kamen dann in der zweiten Phase News-, Wirtschafts- und Wissenschaftsmagazine („Le Point", „L’Express", „Le Nouvel Observateur", „Challenge", „Sciences & Avenir") sowie die Tageszeitung „Libération" dazu. Madame Arnold: „Es war erstaunlich, dass sich so viele Konkurrenten zu diesem Projekt zusammengeschlossen haben. Damit hat, Read&Go‘ in einer Art Online-Kiosk die wichtigsten Medien vereint." Rund 200 Zeitungen passen auf den einen Giga großen Speicher des mobilen E-Papers, das dank neuer Technologie eine wesentlich lesefreundlichere Oberfläche als ein normaler LCD-Bildschirm bietet. Die Artikel werden mittels Wifi- und 3-G-Network stündlich aktualisiert und sind in Printformaten auf dem Din-A5-großen Bildschirm abrufbar. Für die Testphase benutzte Orange einen E-Paper-Prototyp der Firma iRex, der rund 400 Gramm wiegt. „Gesetzt den Fall, dass, Read&Go‘ wirklich an den Start geht, soll das E-Paper jedoch leichter werden. Ziel ist, ein Angebot in der Mitte zwischen Internet und Papier zu bieten", sagt Dimitri Merchez, zuständig bei Orange für das E-Paper-Projekt.

Via USB-Anschluss können auch eigene Unterlagen auf dem Gerät gespeichert werden. Bérengère Arnold: „Für einen Wochenendtrip können so Powerpoint-Präsentationen, Broschüren oder sogar Kinderbücher auf das E-Paper geladen werden. Statt kiloweise Papier oder den Laptop mit sich rumschleppen zu müssen, braucht man dann nur das handliche E-Paper."

Farbige Zukunft? Die Pressesprecherin glaubt, dass „Read&Go" auch für die Frauenpresse interessant sein könnte. „Im Augenblick bieten wir den Service nur in Schwarz-Weiß an, aber in Zukunft wird die Technik auch Bilder in Farbe zeigen können. Gerade in der Frauenpresse werden viele Artikel wie Rezepte oder Boutiquenadressen von den Leserinnen herausgerissen und zu Hause abgeheftet. Mit dem „Read&Go" wird diese Archivierung stark vereinfacht."

Die 150 Testpersonen des Projektes wurden je zur Hälfte aus den Abonnenten von Orange und der Tagespresse ausgewählt. Mittels regelmäßiger Fragebögen und einem abschließenden Copy-Test im Labor werden die Ergebnisse gesammelt. „Schon jetzt ist sichtbar, dass die Akzeptanz für das E-Paper nichts mit dem Alter zu tun hat. Die Jungen sind zwar eher an die Nutzung von Bildschirmen gewöhnt, aber oft unzufrieden mit den Angeboten im Netz oder auf dem Handy. Viele User im mittleren Alterssegment legen vor allem Wert auf Mobilität. Ein wichtiger Punkt sind natürlich die Nutzungs-Kosten. Das Angebot muss billiger sein als ein normales Zeitungs-Abonnement", sagt Bérengère Arnold und fügt an, dass für Orange aber vor allem die Massentauglichkeit über „Read&Go" entscheiden wird: „Wir werden kein Gadget für einen Nischen-Markt lancieren, sondern wir wollen einen neuen Standard in der Online-Nutzung von Medien kreieren. Orange zählt 25 Millionen Nutzer allein in Frankreich. Wenn es nicht die große Mehrheit interessiert, wird das Projekt zurückgestellt."

Info: Das DemoVideo „Read&Go" von Orange:

http:// www.orange-innovation.tv/webtv/mode/channelList/34/innover-ensemble/lang/fr

Erschienen in Ausgabe 10/2008 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 30 bis 30 Autor/en: Barbara Markert. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.