Wackler erlaubt?

Die Fragen:

Welche Qualitätsansprüche haben Sie an redaktionelle Web-Videos? Wie produzieren Sie Videos für Ihre eigenen Seiten: mit Handy oder Profi-Equipment? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

„Neue Westfälische", Bielefeld

Carsten Heil, stv. Chefredakteur:

„Bisher haben wir verhältnismäßig hohe Ansprüche an unsere Web-Videos. Kameraführung, Schnitte, Interviews sowie Ton- und Sprachqualität können sich sehen und hören lassen. Ein paar verwackelte Bilder, am besten noch von weit weg und die Handelnden unter Umständen noch von hinten gefilmt, kommen bei der, Neuen Westfälischen‘ (nw-news.de) nicht vor. Einige Beiträge stehen manchem Fernsehbeitrag nur geringfügig nach. Das bedeutet, der Aufwand pro Film ist ernorm hoch, bindet viel Arbeitskräfte und Zeit. Das kann eine kleine Online-Redaktion oder gar eine Lokalredaktion kaum in hoher Frequenz leisten. Folge: Wir haben nicht so viele Videos im Netz wie andere Verlage.

Entsprechend dem hohen Qualitätsanspruch arbeiten wir mit hochwertiger Profi-Ausrüstung. Bisher machen wir keine Filme mit Handy-Cams oder anderen kleineren Kameras. Aber wir planen derzeit eine solche Ergänzung unserer Ausrüstung. Ein planbares Topereignis braucht eine Topqualität im Video. Aber das kann und sollte ergänzt werden durch Videoclips für den schnellen Einsatz, der mit einer einfacheren Ausrüstung auskommt. Auch das kann seinen eigenen Charme haben."

Im Netz: www.nw-news.de

„Göttinger Tageblatt"

Ilse Stein, Chefredakteurin:

„Wir produzieren mit Profikameras unterschiedlicher Größen und haben bisher gute Erfahrungen gemacht, aber wir stehen noch ganz am Anfang, produzierend erst seit einem halben Jahr. Aber wir werden jetzt auch Flipkameras testen.

Gedreht werden Videos (1.30 bis 2.30 Minuten) zu „normalen" Terminen wie Kinder besuchen den Zoo, der Oberbürgermeister steigt in ein Tretboot etc. oder „Blaulichtvideos" z.B. von einem Chemieunfall in einer Schule oder einem Großbrand. Mittlerweile stellen wir fast täglich ein Video ein – mit steigenden Clickzahlen im vier- bis fünfstelligen Bereich. Im Januar werden wir auch unsere Außenredaktion mit einer Komplettausrüstung ausstatten. Geschult wurden bereits fünf freie Fotografen, vier Volontäre und drei Redakteure von einem professionellen Kameramann und derzeit etwa 15 weitere Redakteure, die Interesse angemeldet haben. Nicht zu unterschätzen: Der Zeitaufwand für das Schneiden eines zweiminütigen Videos dauert anfangs gut drei Stunden."

Im Netz: www.gtonline.com

„Augsburger Allgemeine"

Jürgen Marks, stv. Chefredakteur:

„Die, Augsburger Allgemeine‘ veröffentlicht Online-Videos verschiedener Qualitätsstufen. Einmal professionelle Beiträge, die unser Partner rt.1tv produziert. Und zum anderen von Freien oder Redakteuren geschnittene Videos. Sie dürfen schon mal einen Wackler haben, müssen aber inhaltlich wertig und authentisch sein. Unser Partner rt1.tv arbeitet mit einer Profiausrüstung. Freie und Redakteure mit guten Videokameras. Handys kommen nur zum Einsatz, wenn auf die Schnelle keine Kamera zur Verfügung steht. Unsere Erfahrungen sind sehr positiv."

Im Netz: www.augsburger-allgemeine.de

„Westdeutsche Allgemeine

Zeitung" (WAZ)

Wilhelm Klümper, stv. Chefredakteur:

„Videos fürs Web müssen vor allem eines sein: Made for Web. Sie müssen den neuen Sehgewohnheiten im Internet entsprechen, das bedeutet in der Regel kurze Videos (zwischen zwei und vier Minuten). Auch auf seriösen Nachrichtenseiten müssen Webvideos die Emotionen ansprechen und zu Diskussionen anregen. Für die Produktion von Videos setzen wir die klassische VJ-Kamera Panasonic DVX100 samt Funkstrecke ein. In unseren Projekt-Redaktionen für Lokalvideos nutzen wir eine handelsübliche Consumer-Videokamera, die für lokale Videoproduktion vollkommen ausreichend ist. Videos sind eine überaus attraktive Ergänzung der lokalen Berichterstattung. Handys zum Filmen nutzen wir derzeit in einer Testphase für Livestreamings wie beispielsweise jüngst beim „Anti-Islamisierungskongress" in Köln. Hierbei setzen wir auf das Internet als Echtzeitmedium und beziehen zusätzlich die Zuschauer in Chats in das Live-Erlebnis mit ein. HD spielt für uns in nächster Zeit keine Rolle."

Im Netz: www.derwesten.de

„Braunschweiger Zeitung"

Dirk Kühn, stv. Chef vom Dienst:

„Web-Videos gehören einfach dazu. Sie sind bei den Nutzern beliebt. Wichtig ist vor allem, dass die Information im Beitrag rüberkommt – die Qualität – das mögen mir die TV-Profis nachsehen – ist eher zweitrangig. Ein Handy ist wunderbar geeignet für eine kurze Videosequenz auf dem Pausenhof – aber nicht unbedingt für den Journalistenalltag. Gleichwohl, auch hier entscheidet der Inhalt. Gibt es das Blaulicht-Video vom Leserreporter nur via Handy, ist das auch ok. Wir haben einige Fotografen, die auch mit der Cam im Einsatz sind und qualitativ gute Beiträge liefern."

Im Netz: www.newsclick.de

„Der neue Tag" (Weiden)

Hans Klemm, Chefredakteur:

„Qualitätsansprüche – mindestens guter Amateur-Standard, wie ihn etwa die „Videoreporter" unseres lokalen Fernsehsenders OTV liefern. Ein Hinweis aus der HNA-Runde trifft sicher zu: Ton und Tonlage des Sprechers/der Sprecherin müssen zum Bildmaterial passen. Gerade hier zeigen die OTV-Filmchen Schwächen, die den Beitrag schon mal ins Lächerliche ziehen.Eigenen Erfahrungen habe wir noch nicht gemacht. Die Sanyo-Kamera, die durch die Runde in Kassel wanderte, käme durchaus in Betracht."

Im Netz: www.oberpfalznetz.de

„Passauer Neue Presse"

Konrad Kellermann,

stv. Chefredakteur:

„Nachrichtenvideos: kurz und bündig – wenig Verpackung – gute Qualität – bei hoher Aktualität werden Wackel-Bilder verziehen. Reportagevideos: dürfen nicht einfach nur erzählen, sie brauchen ein Drehbuch, müssen gut geschnitten sein. Wir produzieren mit Profi-Equipment – die Optimierung des Schnittprozesses ist die eigentliche Produktionsproblematik, weniger die Erstellung des Rohmaterials."

Im Netz: www.pnp.de

Madsack-Heimatzeitungen

Clemens Wlokas, stv. Chefredakteur und Geschäftsführer:

„Bei den Madsack-Heimatzeitungen haben wir bisher noch keine eigenen Erfahrungen mit Videos gemacht. Wenn wir aber im Laufe des nächsten Jahres mit unserem Regionalportal ins Netz gehen, dann werden www.radio.de und Videos mit von der Partie sein. Schließlich werden unsere Volontäre auch bei Funk und Fernsehen ausgebildet. Erste Gehversuche mit bewegten Bildern hat gerade das myheimat-Team unserer Community hinter sich. Mit einem Handy wollten wir nicht arbeiten, aber ohne praktische Erfahrungen auch nur wenig Geld ausgeben. Da haben wir kurzerhand in einem Elektronikmarkt ein Auslaufmodell von Panasonic gekauft. Drei ein- bis anderthalbminütige Premierenvideos hat Volontärin Susann Reichert an den zwei Tagen der Garbsener Wirtschaftsschau produziert. Der Umweg über YouTube scheint zu Lasten der Auflösung zu gehen. Das Format ist als Ergänzung super, wir müssen es aber viel besser in myheimat.de einbetten. Vielleicht über eine eigene, zentral verfügbare und in der Handhabung sehr simple Schnittsoftware."

Im Netz: z.B.:

www.myheimat.de/garbsen

„Stuttgarter Nachrichten"

Christoph Grote, Chefredakteur:

„Dieselben wie an jede gute Nachricht. Redaktionelle Webvideos müssen aktuell sein, informativ, aber nicht zu lang, und im besten Falle auch noch unterhaltsam anzusehen. Wichtig sind ein verständlicher Ton, ein deutlich gesprochener Nachrichtentext. Bildtechnisch reichen fürs Web 640 mal 480 Pixel völlig."

Im Netz: www.stuttgarter-nachrichten.de

Erschienen in Ausgabe 10/2008 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 24 bis 24 Autor/en: Umfrage Annette Milz. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.