Debatte um Polit-Influencer: Journalistikprofessorin Prinzing fordert Digital-Gremium
Nachdem das Video des Youtubers Rezo zur „Zerstörung der CDU“ mehr als 15 Millionen Mal geklickt wurde und etablierte Parteien unter Druck gesetzt hat, wird in der Medienwissenschaft die Forderung nach einem Ethikgremium laut. „Wir haben Gremien für vieles – für Journalismus zum Beispiel den Presserat, das Bundeswahlgesetz zur Veröffentlichung von Umfragen und Hochrechnungen, den Rundfunkstaatsvertrag für die Öffentlich-Rechtlichen und für Werbung den DRPR, aber es fehlt eine Art Digitalrat aus Experten, der Anlaufstelle ist für digitale Herausforderungen“, mahnt Marlis Prinzing, Journalistikprofessorin an der Kölner Hochschule Macromedia in einem Kommentar im aktuellen „medium magazin“.
Der „Rezo-Effekt“ mache „unübersehbar, wie Einzelne wirkmächtig über digitale Quasi-Fernsehkanäle Botschaften verbreiten können“, erklärt Prinzing. Auch wer Rezos Aussagen zur Klimapolitik teile, müsse sich vor Augen halten, dass es die Gesellschaft „mit einem bedrohlichen gesellschaftlichen Phänomen“ zu tun habe. „Stellen wir uns vor, extremistisch orientierte Führungsfiguren würden ihre Themen ähnlich verbreiten, Polit-Influencer gegen Polit-Influencer auftreten und jenseits aller Parteien und Parlamente schauen, wer mehr Follower, mehr Leute hinter sich versammelt.“
Tatsächlich hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Arbeitsgruppe aus Experten, die sich Digitalrat nennt – sie berät allerdings nur die Bundesregierung und tagt intern im Bundeskanzleramt. Das Gremium, wie es sich Prinzing vorstellt, könnte ihrer Sicht zufolge nicht zuletzt auch Impulsgeber für drängende öffentliche Debatten sein. So sei etwa die Frage offen, wie sich generationenübergreifend Medienkompetenz aufbauen lasse, ob kommerziell betriebene Youtube-Kanäle und Instagram-Accounts wie Rundfunk reguliert werden müssten und welche Strategien für den Umgang mit Politik-Influencern nötig seien.
Der Kommentar von Marlis Prinzing erschien in medium magazin 03/2019. Weitere Themen u.a. „100 Heimliche Heldinnen“ über die #hiddenstars der Redaktionen, Praxisstrecke über neue Trends im Onlinejournalismus, ein Special zu Mobilitätsjournalismus, plus 16 Seiten Journalistenwerkstatt „Visual Storytelling“. medium magazin ist digital und gedruckt, in Einzelausgaben oder im Abo hier erhältlich oder via iKiosk