Der vergangene Herbst hatte es in sich, vor allem für den Onlinejournalismus: Mit „Der Westen“; hat die Essener WAZ-Gruppe im Oktober ein Portal gestartet, das es sowohl im Umfang als auch in seiner Interaktivität hierzulande bislang noch nicht gegeben hat. Signal Nummer eins: Auch Regionalzeitungen investieren inzwischen kräftig in ihre Internetauftritte. Außerdem hat die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“; im November ihrem Portal „FAZ.net“; ein neues Gesicht verliehen und gleichzeitig angekündigt, Print- und Onlineredaktionen stärker als bisher zusammenzuführen. Daraus folgt Signal Nummer zwei: Auch urkonservative Marken sehen ihre Zukunft im Netz.
Hier eine neue Optik, da technische Neuerungen wie interaktive Karten statt klassischer Ressort-Navigation und dort eine bessere Zusammenarbeit von einst getrennt arbeitenden Online- und Printredaktionen. Da drängt sich die Frage auf: Halten mit dem ungebrochenen Boom der Onlineportale auch die bislang guten Perspektiven für internetaffine Journalisten Schritt, wie ihn die Leiter der vier größten Ableger von Zeitungs- und Zeitschriftenhäusern bereits in „medium magazin“; vom Juni 2006 vorhersahen?
Tendenz Verzahnung. Die „FAZ“; hat zwar erst einmal nur ihre Optik poliert. Redaktionsleiter Kai Norbert Pritzsche hat von seinem Verlag aber zeitgleich auch das „Go“; für eine nicht unerhebliche Aufstockung der Redaktion bekommen. „Wir beginnen gerade erst mit dem Ausbau“;, berichtet Pritzsche. In Frankfurt heißt das konkret: Die Redaktion soll von immerhin bereits 18 auf „zirka 30“; Mitarbeiter aufgestockt werden – und das möglichst in den nächsten Monaten.
Im Gegensatz zu den Online-Ablegern der Wochentitel und einigen Konkurrenten aus dem Markt der Tageszeitungen will Pritzsche aber auch künftig nur in Einzelfällen auf freie Mitarbeiter setzen, die exklusiv für sein Portal arbeiten. Das bald erweiterte Onlineteam soll vielmehr stärker als bisher mit den Kollegen der Zeitung kooperieren und sich bei Bedarf frühzeitig den dort angelieferten Texten bedienen. „Hierzu gehört auch eine engere Zusammenarbeit mit den Freien der Zeitungsressorts“;, erklärt Pritzsche.
Ähnlich sieht das mit dem Etat für Freie in der Redaktion von Mercedes Bunz aus. Das Online-Team des Berliner „Tagesspiegel“;, das im Oktober 2,5 Millionen Einzel-Besuchte, sogenannte Visits zählte, soll vorerst nicht verstärkt werden. Die 18 Mitarbeiter vergeben lediglich Fotoaufträge an Freie. Im Text-Bereich würde zudem „sehr eng“; mit der Print-Redaktion zusammengearbeitet – so wie es Bunz bereits Mitte dieses Jahres zum Relaunch ihrer Seite angekündigt hatte (siehe Ausgabe Juni 2007). Wie damals sagt die Redaktionsleiterin auch heute noch: „Wir wollen Online- und Printredaktion lieber verzahnen statt einen sinnlosen Doppelbetrieb aufzubauen.“;
Anders sieht es da in der Redaktion von Hans-Jürgen Jakobs aus. „Sueddeutsche.de“; zählte im Oktober 12,2 Millionen Visits – zum Vergleich: „FAZ.net“; kam laut IVW-Zählung auf 12,4 Millionen und führt damit knapp vor der Münchner Konkurrenz, die derzeit 25 feste Redakteure, 10 Pauschalisten und 15 regelmäßige freie Mitarbeiter beschäftigt und damit das derzeit größte Online-Team aller Tageszeitungen hat. Vorsichtig kommuniziert „SZ.de“;-Chef Jakobs einen „behutsamen Ausbau“;, nennt dabei aber keine Details, sondern weist lieber darauf hin, dass auch der Etat für Freie „leicht“; ansteigen werde.
Die „Netzeitung“;, die von der IVW mit zuletzt monatlich 2,5 Millionen Visits gelistet wurde, zählt laut Chefredakteurin Domenika Ahlrichs 30 Mitarbeiter, worunter sie neben den Festen und Pauschalisten auch Freie sowie sogar regelmäßige Autoren versteht. Ahlrichs, die Mitte November zusätzlich in die Chefredaktion der „Berliner Zeitung“; berufen wurde, um den Internetauftritt der Schwesterredaktion voran zu bringen, kündigt auf Anfrage lediglich an, 2008 „sicherlich noch ein paar freie Mitarbeiter“; einstellen zu wollen.
Bleibt abzuwarten, ob eine mögliche enge Zusammenarbeit mit der „Berliner Zeitung“; der „Netzeitung“; einen ordentlichen Schub bringen wird – auch ohne bedeutsame Neueinstellungen. Zuletzt waren erste Konturen erkennbar: Ausgewählte Interviews liefen sowohl in der gedruckten „Berliner“; als auch online in Langfassung in der „Netzeitung“;.
Ausbau der großen Drei. Richtig spannend bleibt es natürlich bei den bereits erwähnten „großen Drei“;, also allen voran „Spiegel Online“; (76,0 Millionen Visits im Oktober), und mit Abstand die Konkurrenten „Focus Online“; (15,2 Millionen) und „Stern.de“; (14,5 Millionen). Während von „Spiegel Online“;-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron in Zeiten der Debatte um die Nachfolge des „Spiegel“;-Chefredakteurs Stefan Aust – dabei wurde auch über eine Einsetzung Blumencrons spekuliert – nichts zur Personalpolitik zu erfahren war, hilft ein Blick in das Impressum der Redaktion, um zu erkennen, dass „Spiegel Online“; nicht nur bei den Abrufen, sondern auch dem Personaleinsatz Längen vor den Konkurrenten liegt: Allein gut 60 Redakteure werden für die Kernredaktion gelistet, von regelmäßigen Freien ist dabei noch gar keine Rede. Dazu kommen noch etwa eine Handvoll feste Korrespondenten sowie sowohl eine sechsköpfige Redaktion für die englischsprachige Ausgabe als auch drei Redakteure für die zeitgeschichtliche Plattform „einestages“;. Auch wenn es freilich unwahrscheinlich ist, dass die Redaktion von „Spiegel Online“; im nächsten Jahr nicht noch weiter aufgestockt werden sollte: Selbst in diesem Fall müsste die Konkurrenz mehr als kräftig nachlegen, um den Marktführer allein zahlenmäßig zu erreichen.
Natürlich schlafen die Mitbewerber nicht. Der Verlag Gruner + Jahr hatte ja bereits vollmundig angekündigt, den Marktführer in jetzt nicht mehr ganz zehn Jahren nicht nur erreichen, sondern überholen zu wollen. In einem ersten Schritt ist die Redaktion von „Stern.de“; in diesem Sommer mit den Kollegen des Hefts zusammengezogen – ein Schritt, der „Spiegel Online“; mit dem Neubau des Verlagshauses erst noch bevorsteht.
„Stern.de“;-Redaktionsleiter Henry Lübberstedt verkündet, im laufenden Jahr 21 Redakteure eingestellt zu haben, die zu den bis dato etwas mehr als 15 hinzukommen, macht also einen Zwischenstand von knapp 40 Redakteuren. Lübberstedt sagt, dies sei ein „guter Anfang“;. Es soll also noch deutlich mehr werden. 2008 etwa will „Stern.de“; eine ressortübergreifende Nachrichtenredaktion mit etwa zehn Kollegen aufbauen. Dieser zentrale Desk soll dann auch für die Heft-Kollegen arbeiten, Themen sondieren, nachts oder am Wochenende bei auch für das Heft relevanten Ereignissen Alarm schlagen.
Deutlich nach oben ging die Personaldecke auch bei Jochen Wegner. „Focus Online“; hat in den vergangenen eineinhalb Jahren etwa 20 Redakteure eingestellt und zählt derzeit „mehr als 50 Redakteure und eine ganze Reihe fester Freier“;, sagt Wegner.
Damit dürfte Wegners Redaktion gut für den Kampf gegen die beiden Hamburger Rivalen gerüstet sein. Wohl auch deshalb gibt Wegner an, sich „gut ausgestattet“; zu fühlen. Weil „Focus Online“; gerade erst massiv eingestellt hat, sieht Wegner zumindest im nächsten Jahr nur „vereinzelte“; Neueinstellungen für seine Redaktion – vor allem für das Ressort „Finanzen“; und die Video-Abteilung.
Leistungs-Zulagen. Übrigens gibt lediglich „FAZ.net“; an, zwischen der Bezahlung von Online- und Printkollegen keinen Unterschied zu machen. Wer nun aber glaubt, im Onlinejournalismus sei nichts zu holen, schon gar nicht erst das Tarif-Niveau zu erreichen, der irrt. So fragt etwa Jochen Wegner: „Wen interessieren Tarife? Wir zahlen hervorragenden Kollegen mit Freuden überdurchschnittliche Gehälter – und Boni, die an gemeinsam vereinbarte Leistungen geknüpft sind.“; Und auch „Stern.de“;-Kollege Lübberstedt sagt mit Blick auf von Tarifen losgelöste Redakteursverträge: „Viele verdienen mehr, als sie mit Tarif bekämen.“;
So hält es auch „Der Westen“;-Chefin Katharina Borchert, die mit ihrem lange angekündigt und sp