Das Tour-Debakel ist auch eine Bestätigung: Dass die ARD Anfang dieses Jahres beim Westdeutschen Rundfunk eine Doping-Redaktion eingerichtet hat, um sich den Betrug im Sport vorzuknöpfen, hat sich wohl als die beste Entscheidung des deutschen Sportjournalismus in den vergangenen Jahren herausgestellt. Denn auch wenn dazu keine Zahlen kommuniziert wurden, darf zumindest vermutet werden, dass der zum Vorzeigegesicht der ARD avancierte Doping-Experte Hajo Seppel während der diesjährigen Berichterstattung aus Frankreich häufiger auf dem Schirm präsent war als irgendein Moderator sonst.
In den ersten Tagen noch vor Ort von Jungredakteur Florian Bauer unterstützt, der sich bei seinem gerade abgeschlossenen Volontariat im WDR als Rechercheur profilierte und das jüngste Mitglied der Doping-Redaktion ist, durfte Seppelt das tun, was ihm noch vor einem Jahr untersagt war: Machenschaften aufdecken – und das quasi am Fließband.
Doch wie geht es nach der Aufarbeitung des Tour-Desasters weiter? Zumindest ohne Pause, denn mit der Leichtathletik-Weltmeisterschaft steht im japanischen Osaka schon vom 25. August die nächste Großveranstaltung an, die mit 3.200 gemeldeten Athleten ebenfalls einige Doping-Skandale liefern dürfte. Mindestens ein Kollege soll fest vor Ort sein, vermutlich wie bei der Tour gleich zwei. Die Redaktion um WDR-Sportchef Steffen Simon, die im Kern nur aus vier Mitarbeitern besteht, wird übrigens bereits von mehr als einem Dutzend freier Kollegen unterstützt.
Außerdem ist seit Monaten eine zweiteilige Dokumentation in Arbeit, die das Thema Doping grundsätzlich und über die Grenzen einzelner Sportarten hinaus behandeln soll. An dem Stück, das sogar vor dem Arbeitsbeginn der Fachredaktion im Frühjahr bestellt wurde, arbeitet der freie Journalist Freddie Röckenhaus, der für die „Süddeutsche Zeitung“ einst den Finanzskandal des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund enthüllte, gemeinsam mit Petra Höfer und Francesca D’Amicis. Der Zweiteiler „Blut und Spiele-Eine Reise durch die Welt des Doping“ wird am 8. und 15. August gesendet.
Und dann stehen im nächsten Jahr eine Fußball-Europameisterschaft und die nächsten Olympischen Spiele an. Beides Ereignisse, die ordentlich vorbereitet werden sollten, denn Patzer dürfen sich Seppelt & Co. sicher nicht leisten. Sie würden damit nämlich im Zweifel nur jenen Kollegen die nötigen Argumente liefern, die den Sport zurück in die Unterhaltung holen wollen, angesichts der aktuellen Stimmungslage aber erst einmal lieber still sind.
Daniel Bouhs
Erschienen in Ausgabe 8/2007 in der Rubrik „Kurz & Bündig“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.