Medium Magazin 01/2018
EDITORIAL / Annette Milz, Chefredakteurin
Mehr Vielfalt!
Ein Wunsch für 2018: Mehr Alpha-Journalismus als Alpha-Männchen.
Auf rotem Grund prangt der Schriftzug unübersehbar auf der Website der RiffReporter: „Alpha“. Es sollte das Wort 2018 für die Branche werden. Die RiffReporter – allen voran Gründer Tanja Krämer und Christian Schwägerl – haben sich viel getraut, ein eigenes Unternehmen gegründet.
„Im ,Riff arbeiten wir zusammen, um direkt für Sie spannende, fundierte neue Angebote zu wichtigen Zukunftsthemen aus Wissenschaft, Kultur, Gesellschaft, Technologie und Umwelt aufzubauen. Unsere Genossenschaft ist kein Verlag, sondern hat die Aufgabe, die Autorinnen und Autoren beim Gründen eigenständiger Projekte zu unterstützen.“ Bravo! Dafür hat die Jury der „Journalisten des Jahres 2017“ sie auch auf Platz 1 in der Kategorie Wissenschaftsjournalismus gewählt.
Ein geradezu symbolhafter Zufall, dass es sich bei den beiden Riff-Spitzenköpfen um ein gemischtes Doppel handelt: Denn in diesem Jahr ist die Wahl der „Journalisten des Jahres“ in allen Kategorien geradezu paritätisch ausgefallen. Erstmals gibt es mindestens so viele Journalistinnen wie männliche Kollegen an der Spitze, sogar noch etwas mehr.
Geht also! Statt langer Entschuldigungsarien – und Tweets, so wie neulich von Gabor Steingart („100 Prozent Männer als Gewinner unseres Journalistenpreises ist 100 Prozent falsch. Wird es nochmal passieren? In meinem Beisein nie wieder. Ehrenwort! Ich kann zwar nicht die Welt verändern, aber mich.“), oder kruder Bekenntnisse: „Wir würden ja gerne mehr Frauen (wahlweise:) zitieren/fördern/befragen, aber es gibt zu wenige gute …“, schaut einfach mal genauer hin, liebe Kollegen. Es stand schon in der Bibel: „Wer suchet, der findet.“
Aber auch das, liebe Kolleginnen, muss gesagt sein: Traut Euch was! Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Mein Wunsch für 2018: dass wir alle überall mehr Vielfalt zeigen. Dass wir den Blick statt auf den eigenen Branchen-Bauchnabel und interne Machtspielchen viel mehr auf Leserinnen, Zuschauerinnen und Zuhörerinnen richten. Mit männlichem Alphagehabe gewinnt man sie aber nicht mehr.
Statt also beispielsweise „rein männliche Teams“ nicht mehr für getane – gute – Arbeit auszuzeichnen, wie es beim Reporterpreis aus gegebenem Anlass diskutiert wurde, denkt doch von vornherein bei der Gründung von Teams an den weiblichen „Blick“! Sorgt einfach für mehr Vielfalt in Redaktionen! Das gilt nicht nur für die Genderfrage.
Die „Chefredakteurin des Jahres 2017“ Barbara Hans von Spiegel Online hat dazu einen vielbeachteten Essay veröffentlicht: „Der Journalismus droht, seine Glaubwürdigkeit zu verspielen. Es wird Zeit für einen Kulturwandel. Zehn Thesen, wie er gelingen kann.“ Das Nachlesen lohnt sich.
Auf ein erfolgreiches, vielfältiges Jahr 2018!
Weitere Themen u.a. in dieser Ausgabe: „Journalist des Jahres“ Markus Feldenkirchen über den Berliner Politikbetrieb, Lara Fritzsche (SZ-Magazin) über eine neue Streitkultur, Peter Frey (ZDF) über Vielfalt in Redaktionen, Anton Sahlender (Main-Post) über die notwendige Arbeit von Leseranwälten, Werkstatt „Schreiben mit Perspektive“.
Hier eine kostenlose Leseprobe: