„Spiegel“-Grandseigneur Jürgen Leinemann ist tot
Jürgen Leinemann ist tot. Der große „Spiegel“-Reporter starb nach langer Krankheit im Alter von 76 Jahren in der Nacht zum Sonntag, 10.November. In seinem Nachruf auf den langjährigen Kollegen schreibt Hans Leyendecker in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 11.11.: „Er war der genaueste aller genauen Beobachter… Er wurde zum großen Portraitisten unserer Zeit.“
Seit 1972 arbeitete Jürgen Leinemann für den „Spiegel“ – als Reporter , Büroleiter in Washington und Bonn, nach dem Fall der Mauer von Berlin aus – und dort bis 2001 als Leiter des Ressorts Deutsche Politik. Seit 2002 war er „Spiegel“-Autor im Berliner Büro. Als Summe seiner Erfahrungen als politischer Reporter erschein 2005 sein vielbeachtetes Buch „Höhenrausch. Die wirklichskeitsleere Welt der Politiker„. Kurz nach Beginn seines Ruhestands erkrankte Jürgen Leinemann 2007 an Zungenkrebs. Über seinen Kampf gegen die Krankheit schrieb er 2009 das berührende Buch „Das Leben ist der Ernstfall“
Jürgen Leinemann begleitet uns seit dem Start unseres eigenen Magazins: In der Erstausgabe von „medium magazin“ 1986 war ihm der Titel gewidmet. 20 Jahre später baten wir ihn für unsere „Jubiausgabe“ zu einem Generationengespräch – mit dem damals 20jährigen Maximilian Popp. Das Nachlesen lohnt sich: Leinemann_mm200612Scr
„Früher war nicht alles besser. Vieles war nur anders mies, aber das hat uns wenigstens aufgeregt. Was ich zunehmend vermisse ist Leidenschaft. Journalisten, die sich einlassen auf das was passiert, die sich davon berühren lassen. Für mich enthält eine Gedichtzeile von Peter Rühmkorf eine Wegweisung: „Bleib erschütterbar und widersteh`“ Ein Reporter muss Nähe schaffen und zugleich Distanz wahren. Und er muss den Mut haben zu sagen: Diesen Hype mache ich nicht mit“.
Jürgen Leinemann in „medium magazin“ Nr. 12/2006
Im Jahr 2007 ehrte ihn die „medium magazin“-Jury der „Journalisten des Jahres“ mit einer Auszeichnung für sein Lebenswerk. In dem Bericht über die Preisverleihung im Januar 2008 schrieb damals Stefan Winterbauer in „medium magazin: „Der legendäre ´Spiegel`-Reporter Jürgen Leinemann nimmt, von seiner Krankheit schwer gezeichnet, die Ehrung für sein Lebenswerk entgegen. Und sagt allen Widrigkeiten der Branche zum Trotz: ´Das ist der beste Beruf, den man haben kann.` Dem widerspricht an diesem Abend niemand.“ Annette Milz I Foto oben: Wolfgang Borrs (aufgenommen Januar 2008 bei der Preisverleihung der „Journalisten des Jahres“ )