Interview statt Unterview. Gute Gespräche machen Arbeit. Und verlangen
selbstbewusste Gesprächsführer.
Wie war das mit diesem 2:1 in der 90. Minute? Wie steht‘s um die neuerlichen Personaldebatten in der gegnerischen – oder noch schöner: in der eigenen Partei? Wie war‘s bei den Dreharbeiten mit Alexandra Maria Lara? Was ist so toll an Ihrer neuen Platte/Ihrem neuen Buch? So vieles zu berichten. So viele Fragen. Keine Zeitung, kein Magazin, kein Webportal kommt heute ohne Interviews aus.
Ignacio Ramonet, der Chefredakteur von „Le Monde Diplomatique“, soll einmal gesagt haben, Interviews seien etwas für faule Journalisten, die nur schnell viele Seiten füllen wollen. Hat er recht? „Quatsch“, sagt Arno Luik vom „Stern“: „Ich bereite mich auf meine Interviews akribisch vor, fast kriminalistisch. Andererseits, da hat Ramonet recht, denken viele: Ein Interview ist eine einfache Sache, ich halte mein Mikro jemandem vor die Nase – aber das Motto „Avanti-dilettanti“ schafft nur langweilige, miese Qualität“. Halten wir also fest: Für faule Journalisten gibt es bequemere Wege, sich durch das Berufsleben zu dösen als mit dem Erstellen von Interviews. Denn Interviews machen Arbeit, vor allem gute Interviews. Moritz von Uslar, weit über München hinaus bekannt geworden mit seiner Reihe „100 Fragen an …“ für das „SZ-Magazin“, sagt: „Ein sehr gutes Interview braucht so lange wie ein guter Text“.
Der Autor: Christian Thiele (35) hat als Reporter aus Berlin und Buenos Aires geschrieben, unter anderem für „Spiegel“, „Zeit“ und „Brandeins“. Heute arbeitet er als Textchef für den „Playboy“ und führt Interviews für das Magazin. Außerdem unterrichtet er an der Akademie der Bayerischen Presse und der Deutschen Journalistenschule. Kontakt: www.christian-thiele.com