Die Deutsche Post hat mit ihren Plänen für eine Gratis-Presse-Offensive in der Verlagswelt für viel Aufregung gesorgt. Kurz nachdem Post-Vorstand Jürgen Gerdes in der „Financial Times Deutschland“ angekündigt hatte, ein kostenloses Magazin zu den Themen Computer, Internet und Telefon zu machen, liefen die Verlegerverbände erwartungsgemäß Sturm. Wolfgang Fürstner vom Zeitschriftenverband VDZ sprach vom „ordnungspolitischen Gau“ und will notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen, um die Post-Presse zu verhindern. Auch der Zeitungsverlegerverband BDZV schäumt und sieht „großen Schaden für den freien Wettbewerb und die freie Presse“.
Hinter den Kulissen geht es hingegen deutlich gemäßigter zu. Die Fäden der postalischen Presse-Pläne hält dem Vernehmen nach der ehemalige WAZ-Manager Lutz Glandt in Händen, der bei der Post das Mediengeschäft vorantreiben soll. Mit dessen Ex-Arbeitgeber kooperiert die Post im Ruhrgebiet bereits beim Vertrieb des kostenlosen Post-TV-Programmheftchens „Einkauf Aktuell“.
Redaktionell stemmen soll das neue Online-Magazin, das unter dem Namen „Online Aktuell“ im Handelsregister eingetragen ist, Klaus Madzia. Der hat zuletzt für Holtzbrinck mit der Büro-Zeitung „Business News“ Erfahrungen mit Gratis-Titeln gesammelt, wenn auch nicht die besten: „Business News“ wurde nach viel inhaltlicher Kritik ohne Business-Erfolg eingestellt. Madzia zur Seite steht der bei Holtzbrinck abgegangene Geschäftsführer der Verlagsgruppe Handelsblatt, Harald Müsse. Wie zu hören ist, gab es allerdings bereits interne Gespräche zwischen Verlagsvertretern und Postlern, was eine mögliche Zusammenarbeit bei „Online Aktuell“ betrifft.
Die Post hat schon mal angekündigt, sich auch noch weitere Titel vorstellen zu können, die beispielsweise die Auto- oder Spirituosen-Industrie als Werbekunden interessiert. Der ebenfalls im Auftrag der Post produzierte Motor-Sport-Newsletter „Speed News“, der während der Rennsaison von April bis Oktober gratis verteilt wird, hat damit allerdings nichts zu tun. „Speed News“ soll das Motorsport-Förderprogramm promoten, das die Post bereits seit 2004 betreibt. Und zwar werbefrei. Da haben auch die Verbände nichts dagegen.
Erschienen in Ausgabe 5/2008 in der Rubrik „spektrum“ auf Seite 9 bis 9 Autor/en: Stefan Winterbauer. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.