Die Jugend, der süße Vogel, ist ein lichtscheues Viech. Wenn Soziologen schon Bestimmungsschwierigkeiten haben, woran sollen sich Zeitungsmacher halten? Zur Jugend zählen Zwölfjährige, eben den Kinderbüchern entwachsen, künftige Kunden der „Bravo“. Es gehört aber die Altersgruppe 20plus dazu, die nach dem Motto „Eigentlich sollten wir erwachsen werden“ jeden Monat zur „Neon“ greift. Die Verlage wünschten sich, manch einer von ihnen würde auch mal Geschmack am Rheinischen Format einer klassischen Tageszeitung finden.
Appetitmacher sollen es richten: Laut Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) haben die Zeitungshäuser seit 1993 mehr als 100 redaktionelle Angebote für junge Leser entwickelt. In der Hauptsache Jugendseiten im Blatt, manche mehrfach in der Woche, andere einmal im Monat oder noch seltener.
Neben diesen Angeboten gibt auch es eigene Produkte für Kinder und Jugendliche. Einige sind gratis („Spiesser“, „Unicum“, „Fluter“), andere behaupten sich als hochwertige Kaufmagazine („Geolino“, „ZeitCampus“). So manches Angebot ist schnell wieder vom Markt verschwunden („VivaBamS“), andere wurden als Printprodukt aufgegeben und existieren nunmehr in der Online-Variante („Jetzt“, „Brigitte Young Miss“). Manches Verlagshaus setzt von Anfang an auf online (www.zuender.zeit.de) und beim „Schwarzwälder Boten“ ist alles umgekehrt: Erst gab es das Jugendmagazin „Woodz“ als Online-Ausgabe, drei Jahre später folgte das monatliche Print-Produkt ( www.woodz-mag.com). Was auffällt: Die konservativen Jugendangebote setzen in Bravo-Manier auf Liebe, Mode und Musik. Die Progressiven spielen mit den Stilmitteln der Jugendkultur, so Lieblingslisten, Mitmach-Tools oder ironischen Brüchen. Und sie erweitern das Themen-Portfolio.
Aber was will die Jugend lesen? Wer loszieht, das Leben zu lernen, stellt andere Fragen als ein Erwachsener. Das kann eine Frage nach der ersten Liebe sein. Genauso gut aber auch nach Mobbing, Rechtsextremismus, oder der Rente. Letzteres ein Thema, bei dem die meisten Jugendmedien dankend abwinken. Zu sperrig, zu langweilig, zu heikel. Dabei geht es auch anders. Beispiel „Spiesser“: Die ehemalige Schülerzeitung aus dem Osten erscheint mittlerweile mit einer Millionenauflage in ganz Deutschland. Und punktet unter anderem mit den vermeintlich sperrigen Themen. Weil man sich dort sicher ist: Nahezu jedes Thema lässt sich auf Jugendnähe drehen.
„Spiesser“ arbeitet ausschließlich mit Jungautoren – die Journalisten sind hier ihre eigene Zielgruppe. Warum sollte eine 15-Jährige keine Aufmachergeschichte schreiben? Die Ergebnisse sind bemerkens- und lesenswert: Ende 2007 wurde die erst 19-jährige Autorin Anne Hähnig mit dem „Einheitspreis 2007“ der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet. Und auch der Jugenddrehscheibe-Preis würdigte aktuell mit „Scenario“ ein Produkt, dessen Inhalte in den Händen der Jugend liegen (siehe Info Seite 40/41).
Erschienen in Ausgabe 4/2008 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 39 bis 39. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.