Alles neu in Südsudan

Juba. „Jido Fister Filly wird heute in Khartum ankommen“, berichtete „The Democrat“ Ende Juni. Tatsächlich meinte die sudanesische Zeitung den deutschen Außenminister Guido Westerwelle, nahm es mit der deutschen Rechtschreibung aber nicht so genau. Nach fast 50 Jahren Bürgerkrieg und mehr als zwei Millionen Toten spaltete der Südsudan sich vom Norden ab. Am 9. Juli entstand so der jüngste und zugleich einer der unterentwickeltsten Staaten der Welt. Auch für die Medien besteht gewaltiger Nachholbedarf. Rechtschreibfehler wie der „Jido Fister Filly“-Schnitzer sind auch in der südsudanesischen Presse keine Seltenheit.

„Die Medien können zu einer friedlichen Staatswerdung und der Aussöhnung mit dem Norden beitragen. Allerdings können sie auch konfliktschürend wirken“, warnt Roman Deckert, Sudan-Experte von „Media in Cooperation and Transition“ (MICT). Unterstützt vom Auswärtigen Amt bildete die gemeinnützige Berliner Gesellschaft 50 Journalisten aus Nord- und Südsudan aus und brachte mit ihnen zur Unabhängigkeit die englisch- und arabischsprachige Zeitung „The Niles“ herraus.

„Die Presselandschaft ist immer nur so gut wie die Journalisten“, sagt Sven Recker. Der MICT-Mann flog deshalb kurz vor der Unabhängigkeitserklärung in die neue Hauptstadt Juba, unterrichtete Journalisten im Schreiben von Kommentaren. „In südsudanesischen Zeitungen findet man oft reinen Verlautbarungsjournalismus und aus dem Internet von BBC, CNN und Al Jazeera zusammengeklaute Artikel. Wir wollen Nord- und Südsudan helfen, journalistisch hochwertige Inhalte zu produzieren und als Korrektiv zu fungieren“, sagt Recker. Bislang klopfen die Medien den Mächtigen nur selten auf die Finger. Eine der Ursachen: Es gibt kein Mediengesetz – und damit auch keine echte Pressefreiheit. „Journalisten können in der Ausübung ihres Berufes willkürlich behindert werden. Die Schere im Kopf ist groß, denn es kommt bisweilen sogar zu Verhaftungen“, sagt Deckert. Ein weiteres Problem: Schätzungsweise 80 Prozent der Südsudanesen sind Analphabeten. Englischsprachige Radiosender sind deshalb Informationsquelle Nummer eins. Deckert: „Mindestens genauso wichtig wie die Ausbildung der Journalisten sind deshalb Englisch- und Alphabetisierungskurse.“ www.mict-international.org

Erschienen in Ausgabe 09/2011 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 14 bis 14. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.