Christine Kröger, Investigativreporterin Nummer eins

Warum sind Sie Journalistin geworden?

Weil ich besser Fragen stellen kann, als welche zu beantworten.

Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag, was war das Thema?

Ups, das weiß ich nicht mehr. Ich glaube, das war Ende der 1980er-Jahre eine Straßenumfrage zu Benzinpreisen, als Praktikantin der �Nordwest-Zeitung�.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Mein Mentor und ehemaliger Chef Hans-Günther Thiele. Dann Gabriel García Márquez � und Egon Erwin Kisch.

Wann ist ein Journalist ein guter Journalist?

Wenn er fleißig, tiefgründig, mutig ist.

Wie wichtig ist Klatsch?

Was ist das? Promis, Gerüchte, Tratsch � ich muss mich richtig zwingen, halbwegs auf dem Laufenden zu bleiben, um beim Small Talk nicht plötzlich ganz dumm dazustehen.

Wie würde man Sie am treffendsten karikieren?

Bluthund� hat mich mal eine Kollegin genannt: Ich bin hartnäckig bis zur Verbissenheit. Wo haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Sie haben es schwerer, ernst genommen zu werden, und werden nach meinen Erfahrungen für kritische Berichte auch rascher persönlich angegangen und diffamiert. Dagegen kann helfen, wenn man auch mal die Zähne zeigt, statt sie immer nur zusammenzubeißen.

Was macht Sie wütend oder ungeduldig?

Wenn man wortreich und inhaltsleer nur so tut, als würde man meine Fragen beantworten. Das kommt leider häufig vor.

Welche Netzwerke nutzen Sie?

Ich nutze sie sehr selten und verdeckt für die Recherche.

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen?

Das wäre ein witziger Roman, der �Christine und ihre Informanten� oder so ähnlich hieße. Zugegeben, das Buch wäre wohl nur für Eingeweihte lustig, und schreiben kann ich es natürlich auch nicht � wegen des Informantenschutzes.

Mit wem würden Sie gerne mal einen Tag die Rolle tauschen?

Verfassungsschutzpräsident Fromm, ich ließe mir dann ganz schnell ganz viele Akten kommen und würde 24 Stunden lesen, lesen, lesen.

Auf welchen Beitrag sind Sie besonders stolz?

Das gestohlene Leben�. Das ist die Geschichte von dem deutschen Soldaten Martin und der Halbjüdin Ruth, die sich Anfang der 1930er-Jahre verlobten, sich während und wegen des Nazi-Regimes trennten � und sich dann nach 60 (!) Jahren wiedergefunden und auch wieder zueinandergefunden haben. Stolz ist das falsche Wort, die Geschichte ist so schön, die erzählt sich von selbst, aber dankbar bin ich, dass ich sie erzählen durfte.

Ihr größter Flop?

Kann keinen finden � sehe aber vielleicht einfach immer noch nicht ein, dass dieses oder jenes �totrecherchiert� ist.

Ihr liebstes Hobby?

Essen und schlafen. Oder doch andersherum? Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Ich würde mein Jurastudium durchziehen und damit trotzdem Journalistin werden.

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem beruflichen Weg besonders geholfen?

Der Rat: Der Amateur macht gut, was ihm Spaß macht, der Profi macht auch gut, was ihm keinen Spaß macht. Der Ratgeber: �Weser-Kurier�-Vorstand Dr. Ulrich Hackmack.

Christine Kröger (43) ist Chefreporterin beim Bremer �Weser-Kurier� und hat jetzt fast alle großen Journalistenpreise im Regal: Theodor-Wolff-Preis, Wächterpreis der Tagespresse, nun kam im Mai auch noch der Henri-Nannen-Preis für die �beste investigative Leistung� hinzu. Bekannt wurde sie für ihre Recherchen in der rechtsextremen Szene und über die Netzwerke krimineller Rockerbanden. Den Henri-Nannen-Preis erhielt sie für ihre mehrteilige Arbeit �Im Zweifel für den Staatsanwalt�, in der sie Vertuschungen der Hannoveraner Justiz aufdeckte. Der Text findet sich hier:

http://bit.ly/moZcnz,

das dazugehörige Dossier: http://bit.ly/iwFhMo.

Link:Tipp

Mehr Fragen und Antworten von Christine Kröger siehe

www.mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 06/2011 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 66 bis 66. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.