5 Tipps für bessere Kurztexte
Text: Barbara Maas
Zum Punkt kommen. Klar, dicht und elegant formulieren. Nach diesem Ideal streben viele Journalistinnen und Journalisten. In der täglichen Arbeit aber geraten gerade sogenannte Microcontent-Texte oft aus der Form: Nachrichten, Social-Media-Posts und Storys, Teaser und Kommentare mäandern und fransen aus. Oder bleiben zwar kurz, aber damit auch inhaltlich oberflächlich.
Das hat mit fehlendem Fokus zu tun. Denn in der Hektik des Alltags neigen viele Journalistinnen und Journalisten dazu, einfach loszulegen. Diese fünf Schritte helfen Ihnen dabei, sich konsequent kurzzufassen.
1. Purpose: Warum schreibe ich diesen Text?
„Start with why – Fange beim Warum an“: Mit diesem Rat ist der US-amerikanische Berater und Autor Simon Sinek berühmt geworden. Dieses „Warum“ hilft nicht nur bei Unternehmensstrategien oder der persönlichen Selbsterkundung. Ein starkes Warum bewahrt Autorinnen und Autoren davor, sich zu verzetteln. Nehmen Sie sich also ein Blatt Papier, legen Sie es quer und schreiben Sie oben drei Mal nebeneinander: „Warum schreibe ich diesen Text?“ Heben Sie jeweils ein anderes Wort hervor, unterstreichen Sie es oder kreisen Sie es ein.
WARUM schreibe ich diesen Text?
(Was ist der Sinn, der
Daseinszweck?)
Warum schreibe ICH diesen Text?
(Und niemand anderes?)
Warum schreibe ich DIESEN TEXT?
(Und keinen anderen?)
Sie möchten sich selbstverständlich nicht stundenlang in journalistisch-philosophischen Grundsatzfragen verlieren – also stellen Sie einen Timer auf fünf Minuten. Sammeln Sie in Stichpunkten Ihre Gedanken. Vielleicht ähneln sich Ihre Antworten in den unterschiedlichen Kategorien, wahrscheinlich fällt Ihnen bei einer Frage mehr ein als bei anderen.
Wenn der Wecker klingelt, schauen Sie sich Ihre Punkte an. Was spricht Sie besonders an? Entscheiden Sie intuitiv und schnell. Schreiben Sie einen Satz oder einzelne Wörter in die erste Zeile des Dokuments für Ihren Text. Das hat zwei Vorteile: Erstens haben Sie so den Purpose während des Schreibens vor Augen. Zweitens ist das Textdokument dann nicht mehr ganz so leer und der Anfang fällt leichter.
2. Zielgruppe: Für wen schreibe ich diesen Text?
Wenn Sie kurze Tagebucheinträge schreiben möchten, können Sie diesen Schritt überspringen. Journalistinnen und Journalisten schreiben für ein Publikum. Genauer: für Menschen. Menschen mit ganz persönlichen Perspektiven auf die Welt. In den vergangenen Jahren haben viele Medienunternehmen gelernt, ihre Zielgruppen zu definieren und die Menschen in diesen Gruppen kennenzulernen. In der Praxis hat sich dabei die Entwicklung von Personas bewährt.
Personas sind fiktive Rezipienten, die für eine Zielgruppe oder ein Kundensegment stehen. Eine Persona hat einen Namen, ein Gesicht und eine eigene Biografie mit allem, was dazugehört: Familie und Freundeskreis, Beruf, Ausbildung und tägliche Aufgaben, Hobbys und Leidenschaften, Überzeugungen, Träume und Alltagsprobleme. Personas sind zwar fiktiv, aber nicht komplett ausgedacht. Grundlage sind Erfahrungswerte und empirische Erkenntnisse.
Ein kurzes Beispiel: Laura (29) ist alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter (3), lebt in Erfurt und arbeitet als Buchhalterin. Finanziell kommt sie ganz gut über die Runden – aber nur, weil sie sparsam lebt und auf Angebote achtet. Laura sorgt sich um die Zukunft: Wie wird ihre Tochter leben? Wird Lauras Rente reichen? Sie träumt von einem sorglosen Urlaub am Meer. Abschalten kann sie am besten mit ihren Freundinnen und beim Zumba.
Mit Personas wird kreative Arbeit automatisch konkret. „Junge Frauen“ sind keine Zielgruppe, „Eltern“ auch nicht. Diese Beschreibungen sind viel zu schwammig, um bei Entscheidungen helfen zu können. Laura aus dem Beispiel können Sie sich vorstellen. Haben Sie ein Bild vor Augen?
Sie müssen sich nicht bei jedem Text, jedem Social-Media-Post und jedem Video aufs Neue fragen, an wen Sie sich eigentlich wenden. Personas können Sie immer wieder zu Rate ziehen und ständig weiterentwickeln. Positionieren Sie Bilder von Ihren potenziellen Nutzern dort, wo Sie arbeiten. Zum Beispiel als Bild an der Wand, auf dem Schreibtisch oder auf dem Desktop Ihres Computers.
Was, wenn Sie innerhalb der nächsten halben Stunde einen Text schreiben müssen, es aber keine Personas in der Organisation gibt? Kleinere Redaktionen kennen Ihre Leser- oder Followerschaft oft aus dem persönlichen Kontakt und dem Community-Management gut. Erinnern Sie sich daran, was diese Menschen brauchen.
Wenn Sie für ein Massenmedium arbeiten, führt reines Bauchgefühl oft in eine Falle. Für die BBC hat der Digitalexperte Dmitry Shishkin schon 2017 allgemeine Nutzungsbedürfnisse identifiziert und daraus ein User Needs Model entwickelt. Shishkin hat im vergangenen Jahr das Modell zusammen mit dem Beratungsunternehmen Smartocto weiterentwickelt. Im Zentrum stehen jetzt acht Nutzungsbedürfnisse beim Medienkonsum:
- Halte mich auf dem Laufenden
(Keep me engaged) - Bringe mich auf den neuesten Stand (Update me)
- Erkläre es mir (Educate me)
- Zeige mir eine neue Sichtweise
(Give me perspective) - Inspiriere mich (Inspire me)
- Lenke mich ab (Divert me)
- Vernetze mich mit anderen
(Connect me) - Hilf mir (Help me)
Entscheiden Sie sich für ein Bedürfnis, das Sie mit Ihrem kurzen Text erfüllen möchten, und legen Sie los. Shishkin macht übrigens immer wieder deutlich, dass sich Redaktionen zu viel mit „Up-date me!“-Content beschäftigen und zu wenig mit anderen Bedürfnissen.
3. Essenz: Was steht im Kern des Texts?
4. Innere Struktur: Wie ist der Text aufgebaut?
5. Radikal kürzen: Was kann weg?
(…)
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