Weblogs und Journalismus: Konkurrenz, Ergänzung oder Integration?“ So titelte Anfang 2007 die Zeitschrift „mediaperspektiven“ einen Beitrag über eine Studie der Universität Münster. Darin waren auch Aussagen abgefragt worden wie „Weblogs haben nichts mit Journalismus zu tun“. Die Mehrheit der befragten Redaktionsleiter hatte dieser Aussage zugestimmt. Das würde Stefan Niggemeier schon lange nicht mehr tun. Als Mitbegründer des „Bildblogs“ gehört er zu den Pionieren der deutschsprachigen Bloggerszene. Zugleich ist er in den traditionellen Medien genauso zu Hause – und sagt über sich selbst: „Ich bin ein Journalist, der bloggt.“
Mit bemerkenswertem erfolg: Auf seiner Website www.stefan-niggemeier.de führt er seit gut einem Jahr einen persönlichen Blog, der schnell zu einem der meistgelesenen deutschsprachigen Blogs avancierte und eine ebenso aktive wie diskursfreudige Community anzieht. Wie das gelungen ist? „Ich glaube, das passiert von allein, wenn man meinungsfreudig, direkt und ehrlich schreibt“, sagt Niggemeier selbst. Vor allem aber sieht er, der als Freier (u. a. für „FAZ“, „Sonntagszeitung“) über einen Mangel an Publikationsmöglichkeiten nicht klagen kann, im Bloggen große Chancen: “ Das Bloggen gibt mir publizistische Möglichkeiten, die mir eine Zeitung nicht bietet: Ich kann einerseits flapsiger sein und sehr abseitige Dinge aufschreiben, aber auch kontinuierlicher, gründlicher und ausführlicher ein Thema verfolgen. Ich kann neue Dinge ausprobieren, aber auch ganz klassische Artikel schreiben. Hinzu kommt die Auseinandersetzung mit den Lesern. Direktes Feedback zu bekommen, ist nicht nur angenehm, sondern auch lehrreich: Welche Themen stoßen auf großes Interesse, welche Thesen auf heftigen Widerspruch, wo wird man missverstanden – und was fällt den Lesern noch ein an guten Pointen oder klugen Gedanken zu einem Thema? Kurz gesagt: Ich blogge, weil mir das die Möglichkeit gibt, mich nachhaltiger mit Themen zu beschäftigen, weil es unabhängig ist, aber auch einfach Spaß macht.“
Der Spaß wird allerdings seit einigen Wochen getrübt durch juristische Auseinandersetzungen mit sogenannten Call-In-Anbietern, mit deren umstrittenen Praktiken bei TV-Anrufshows sich Niggemeier regelmäßig auch in seinem Blog befasst hat. Anfang Dezember hat nun die Firma Call-active wegen eines Leserkommentars zum Blog eine einstweilige Verfügung erwirkt, obwohl Niggemeier jenen Eintrag sofort nach Kenntnisnahme gelöscht hatte (s. a. Seite 3). Die „medium magazin“-Jury würdigt deshalb mit der Wahl von Stefan Niggemeier zum „Journalist des Jahres“ – nach Frank Schirrmacher (2004), Alice Schwarzer (2005) und den „Neon“-Machern Timm Klotzek und Michael Ebert (2006) – auch den Mut und die Beharrlichkeit eines freies Journalisten, der keinen Konfikt scheut, wenn er von der Kritikwürdigkeit eines Missstandes überzeugt ist – und der dazu mit bemerkenswerter Virtuosität die alte und neue Medienwelt nutzt.
Stefan Niggemeier ebenso wie die weiteren „Journalisten und Journalistinnen des Jahres“ in zehn Fachkategorien zeigen alle auf ihre Weise modernen Journalismus in seiner ganzen Vielfalt. Sie werfen Schlaglichter auf unsere Branche – erhellend, funkelnd, manchmal auch grell. Trotzdem werden in unserer Liste wieder viele fehlen, die eine solche Auszeichnung sicher ebenfalls verdient hätten.
Vielleicht ist der eine oder andere davon im nächsten Jahr dabei. Oder wählt stattdessen selbst mit – so wie Jörn Müller, freier Journalist aus Hamburg, der sich mit dem „medium magazin“-Fragebogen im Internet an der Wahl beteiligt hatte und auf den unter allen Teilnehmern das Los der VIP-Karte für die Feier zur Preisverleihung fiel. Die Feier findet statt am 21. Januar 2008 im Deutschen Historischen Museum in Berlin – mit Unterstützung der Henkel KG, dem Verband deutscher Prädikatsweingüter (VDP) und Kofler & Kompanie.
Auf ein gutes, erfolgreiches und qualitätsbringendes neues Jahr!
1 Stefan Niggemeier
freier Journalist
Kommentar: Stefan Niggemeier, freier Journalist und Mitbegründer von „Bildblog“, ist es 2007 mit seinem persönlichen Blog www.stefan-niggemeier.de gelungen, ein Zeichen für Qualitätsjournalismus im Internet zu setzen. – Mit seriöser Hintergrundrecherche, Courage und einem exzellenten Stil gelingt es ihm beispielhaft, Themen in seinem Blog so aufzuarbeiten, dass sie eine sehr aktive Internetcommunity und ein ständig wachsendes Leserpublikum finden.
Jurystimmen: „Die, medium magazin‘-Jury würdigt dabei besonders, dass er sich als freier und unabhängiger Journalist ohne finanzielle Rückendeckung nicht scheut, heiße Eisen anzufassen“.
Tipp:
Die ausführlicheren Begründungen und Laudationen sind nach der Preisverleihung am 21. Januar abrufbar unter www.mediummagazin.de
Erschienen in Ausgabe 1/2008 in der Rubrik „Titel“ auf Seite 20 bis 27 Autor/en: Annette Milz. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.