Werner Sonne packt. Der Büroleiter des ARD-Morgenmagazins im Hauptstadtstudio verabschiedet sich in den Ruhestand – nach 48 Jahren im Journalismus. Schon mit 16 volontierte er beim „Kölner Stadt-Anzeiger“, seit 1968 arbeitete er für WDR und ARD, zunächst im Hörfunk, dann im TV, berichtete aus Bonn, Berlin und Washington – er erlebte den Deutschen Herbst, die Barschel-Affäre und den CDU-Parteispendenskandal aus nächster Nähe, und als am 9. November 1989 die Mauer fiel, war er mit Helmut Kohl in Warschau und konnte ihn als einer der Ersten interviewen. „Eine Wiedervereinigung“, sagt Sonne, „hat man nur einmal im Journalistenleben.“ Jüngere Zuschauer kennen ihn vor allem wegen seiner „Morgenmagazin“-Interviews im Café Einstein Unter den Linden – das sehr persönliche Format bei Croissants und Caffè Latte hat er mitentwickelt. Von seinen mindestens 1.500 „Moma“-Interviews spielten zwar nur 50 im Einstein. Die aber blieben dem Publikum (und Sonne selbst) besonders im Gedächtnis. Zu den besten Einstein-Momenten zählt Sonne Iris Berbens Weinflaschen-Pantomime, geärgert hat er sich dagegen über Norbert Röttgen: Kaum war die Kamera aus, sagte der damalige Umweltminister: „Jetzt hätte ich Ihnen beinahe eine ehrliche Antwort gegeben.“ Natürlich sei nun „auch Wehmut“ über den Abschied dabei, sagt er. In sein Büro zog am 1. Juli Christiane Meier (55) ein, die unter anderem – wie Sonne auch – ARD-Korrespondentin in Washington war und nun von der Gemeinschaftsredaktion Fernsehen des ARD-Hauptstadtstudios kommt. Und Werner Sonne? „Ich bin erst mal von der Straße weg“, sagt er. Ein Buch über 60 Jahre deutsch-israelische Sicherheitskooperation wird er schreiben und ehrenamtlich dem Fachbeirat des noch zu gründenden „Mediendienstes Integration“ vorsitzen. Den Schlussstrich unter das aktuellen Fernsehen will er konsequent ziehen. „Man muss dann auch loslassen können. Zu glauben, ohne mich geht’s nicht, ist albern.“
Erschienen in Ausgabe 07+08/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 71 bis 71. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.