Monika Piel will Sparzwang und Synergien durchsetzen
Die neue ARD-Vorsitzende übt im Interview mit „medium magazin“ zudem Kritik am Engagement des BR für das Erste
Frankfurt/Main. Die neue ARD-Vorsitzende Monika Piel stellt die Eigenständigkeit der neun Landesrundfunkanstalten weitgehend in Frage, um hinter den Kulissen sparen zu können. Im Interview mit „medium magazin“ (das am 5.1. erscheint), sagte sie: „Wir müssen uns – unserer föderalen Struktur zum Trotz – mit starken Synergien innerhalb der ARD anfreunden.“ Sie bezeichnete dabei eine zentrale Verwaltung aller Sender als „ideal“ und wies auf erste Projekte hin, wie die Auslagerung der Verwaltungs-IT in eine gemeinsame Service-Einheit.
Solche Synergien seien angesichts des nicht mehr aufzuhaltenden Rückgangs der Einnahmen aus den Rundfunkgebühren die Konsequenz, damit dabei die Programmetats geschont werden könnten. „Die vordringlichste Frage ist dabei, welche Produktionsapparate wir noch individuell vorhalten müssen und wo wir Kräfte bündeln können“, mahnte Piel zum Antritt ihrer zweijährigen Zeit als Vorsitzende der neun ARD-Intendanten. Um mit gutem Beispiel voran zu gehen, denke ihr Sender, der Westdeutscher Rundfunk (WDR), darüber nach, seinen Produktionsapparat für die Samstagabendshows wie „Frag doch mal die Maus“ mit dem Südwestrundfunk (SWR) zusammenzuführen. „Da gibt es Einsparpotentiale“, sagte Piel.
Die einstige Hörfunkdirektorin des WDR brachte außerdem mehr Kooperationen in den ARD-Redaktionen ins Gespräch. Grundsätzlich sprach sie sich zwar gegen Angriffe auf die redaktionelle Hoheit der ARD-Sender aus. Gegen gegenseitige Übernahmen sei aber „nichts zu sagen“. Als Beispiel nannte sie eine intensive Kooperation der Hörfunkwellen von WDR und NDR: Von 2011 an liefere der NDR die Nachtnachrichten für einige WDR-Wellen. Im TV wolle sie zudem auf Co-Produktionen setzen, um so Kosten zu teilen. „Hier wollen wir als große Sender mit gutem Beispiel vorangehen“, versprach Piel.
Bauchschmerzen bereitete der neuen ARD-Vorsitzenden offensichtlich der Bayerische Rundfunk (BR). Angesprochen darauf, dass der BR nicht die Gemeinschaftsnachrichten „Tagesschau“ in seinem Dritten Programm ausstrahle sondern eigene Weltnachrichten produziere, sagte Piel: „Da vermisse ich manchmal schon ein bestimmtes Engagement für die ARD. Ich hoffe, dass sich das auch zeitnah wieder ändert.“
Piel erkannte an, dass sich der BR für das Konzept „Bayern first“ entschieden und das auch von seinen Gremien hat bestätigen lassen. Piel sagte allerdings: „Meiner Meinung nach müssen das Regionale und die Zulieferungen für die ARD gleichberechtigt behandelt werden.“ Ein gutes Gemeinschaftsprogramm sei „auf die Mitarbeit aller angewiesen“, mahnte die neue ARD-Vorsitzende. Das Regionale müsse grundsätzlich zwar weiterhin als eine Kernaufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „eine wichtige Rolle“ spielen. Es dürfte aber „nicht die Oberhand“ haben, so Piel.
Daniel Bouhs / Annette Milz
Ergänzung:
Monika Piel äußerte sich im mediummagazin-Interview wie folgt zur Talk-Reform in der ARD:
Mit der anstehenden Programmreform für das Erste wird die Dokumentation aber deutlich abgewertet, ein prominenter Sendeplatz am Montagabend den Talks geopfert. Deshalb: Sprechen Sie in dieser Sache als WDR-Intendantin oder als ARD-Chefin?
Monika Piel: Ich kann für die anderen nicht reden. Das ist das Problem unserer föderalen Struktur. Als ARD-Vorsitzende kann ich meine Vorstellungen als Impuls in die Sitzungen einbringen und versuchen, die Richtung vorzugeben. Aber wir neun Landesrundfunkanstalten haben nun mal alle eine Stimme und unterschiedliche Ansichten. Da kommt es auf den Moderationsprozess an. Meinen Impuls, den ich als ARD-Vorsitzende auch gut einbringen kann, möchte ich sehr stark in Richtung Programmprofil setzen.
Kann denn die WDR-Intendantin mit der Talk-Programm-Reform leben?
Monika Piel: Der ARD-Programmdirektor, Volker Herres, hat mir fest versprochen, dass es mit der Reform praktisch keine Dokumentation weniger geben wird – das Mengengerüst bleibt, wie es war, auch wenn sich auf den ersten Blick Sendezeiten ändern werden. Jede unserer Talkshows wird beispielsweise nicht mehr 40, sondern nur noch 36 Mal im Jahr gesendet. Auf den dadurch frei werdenden Sendeplätzen sollen vor allem im Sommer teilweise Dokus laufen. Mir ist vor allem wichtig, dass die Anzahl der Dokus bleibt. Und was die Sendeplätze angeht: Da müssen wir doch erst einmal abwarten, wie das angenommen wird. Wir haben ja immer wieder festgestellt, dass ein später Sendeplatz für eine Dokumentation gar nicht so falsch sein muss. Für viele interessierte Zuschauer kann das sogar gut sein.
Und wenn nicht – kommt dann auf die ARD-Zuschauer eine Reform der Reform zu?
Monika Piel: Mal sehen. Andererseits habe ich gerade wieder gemerkt, wie schwierig es ist, das Programmschema des Ersten zu verändern: Sie können nicht ein Puzzlesteinchen anpacken, ohne dass ein anderes auch betroffen wäre. Hier müssen ständig Abwägungen getroffen werden – und der ein oder andere auch mal einen Preis bezahlen, wie wir mit der neuen Platzierung von „Hart aber fair“. Da war mir als Journalistin der einheitliche Beginn der „Tagesthemen“ mehr wert.
Das komplette Interview ist erschienen in medium magazin 1-2/2011. Voransichten im kostenfreien epaper und „im Heft blättern“ unter www.mediummagazin.de